Neue Verstimmungen zwischen Deutschland und Polen
Deutschlands Angebot, Polen nach dem Raketeneinschlag in Przewodów mit Patriot-Flugabwehrraketen zu unterstützen, wurde in Warschau zunächst begrüßt. Dann schlugen PiS-Chef Kaczyński und Verteidigungsminister Błaszczak vor, die Waffen an die Ukraine zu liefern. Die Patriots seien für Nato-Gebiet vorgesehen, distanzierte sich Verteidigungsministerin Lambrecht. Ein polnisches Wahlkampfmanöver?
Für Kaczyński zählt nur der Wahlkampf
Rzeczpospolita ist desillusioniert:
„Wäre den Regierenden in Warschau wirklich an einer stärkeren deutschen und indirekt auch US-amerikanischen Beteiligung an der Verteidigung der Ukraine gelegen, wäre der polnische Vorschlag auf diplomatischem Wege übermittelt worden. Stattdessen tauchte er in einem Interview Kaczyńskis für die [Nachrichtenagentur] PAP auf und überraschte die westlichen Partner völlig. Dies untergräbt leider die jüngsten Hoffnungen, dass es für die Regierungspartei in einem Kriegsumfeld wichtigere Themen gibt als die Erhöhung ihrer Chancen, nach den Wahlen in 10 Monaten an der Macht zu bleiben. Zum Beispiel die Herbeiführung eines Mindestmaßes an guten Beziehungen zu unserem westlichen Nachbarn.“
Harmonie hat gar keine Priorität
Warschaus Vorgehen sagt viel über das deutsch-polnische Verhältnis aus, meint der Polen-Korrespondent von Die Welt, Phillip Fritz:
„Bedeutet es doch, dass Deutschlands Ruf beim großen östlichen Nachbarn ruiniert ist, Berlin es gleichzeitig aber mit jemandem zu tun hat, dem das deutschlandfeindliche Ressentiment bisweilen wichtiger ist als die Einheit des westlichen Bündnisses, ein gutes Verhältnis zum westlichen Nachbarn oder sogar die eigene Sicherheit. Deutschland muss daraus Schlüsse für den Umgang mit Polen ziehen. ... Trotz allem muss die deutsche Politik sich weiter um ein gutes Verhältnis zum schwierigen Partner Polen bemühen. Das Land ist schlicht zu nah und zu wichtig.“
Doppelter Grund für eindeutige Unterstützung
Der Journalist Marcin Wikło sieht auf dem PiS-nahen Portal wPolityce.pl die Deutschen am Zug:
„Werden sie dem Vorschlag von [Verteidigungsminister] Mariusz Błaszczak zustimmen und die Ukraine endlich unumwunden unterstützen? Meiner Meinung nach sollten sie dies aus zwei Gründen tun. Erstens für uns, um die Ostflanke der NATO zu schützen, und zweitens für sie selbst, um Berlin von dem Verdacht zu befreien, ein Land zu sein, bei dem sich die Zweifel mehren, ob es wirklich einen Sieg der Ukraine will oder ob es bereits daran denkt, wieder mit Moskau ins Geschäft zu kommen. Wir werden es schon bald herausfinden.“