Was taugt das Modernisierungspaket der Ampel?
Die deutschen Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP haben eine Einigung in mehreren Streitfragen präsentiert. In Sachen Klimaschutz muss nicht mehr jeder Sektor einzeln jährliche CO2-Vorgaben einhalten, stattdessen gilt eine Gesamtrechnung. Klimaneutralität bis 2045 soll vor allem über den Emissionshandel gelingen, Schienen- und Straßenverkehrsprojekte leichter genehmigt werden können. Kommentatoren ist das zu wenig.
Für das Klima nur Symbole
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fragt sich, was nach diesen Beschlüssen eigentlich noch von den Grünen bleibt:
„Um ihren ökologischen Markenkern müssen sie jetzt ernsthaft fürchten, nachdem sie in der Ampel zugestimmt haben, dass der Kampf ums Erdklima auch mit der Aufweichung des Klimagesetzes, mit der Notrettung des Unternehmens Bahn und der Bestandssicherung fossiler Heizungsanlagen zu schaffen ist. ... Wer künftig Natur verbraucht, muss nicht mehr für ökologisch adäquaten Ausgleich sorgen, es reicht, eine Summe auf den Tisch zu legen, und die Solarpanels, die entlang Hunderter Kilometer beschleunigt gebauter neuer Autobahnen aufgestellt werden sollen, sind ja Grünen-Symbole genug.“
Politik der sozialen Spaltung
Dass die Ampel auf hohe CO2-Preise als wichtigstes Instrument gegen die Klimakrise setzt, kritisiert die taz:
„Für Reiche ist das kein Problem, sie werden ihren Lebensstil nicht ändern müssen. Für Menschen mit wenig Geld ist das ein Desaster, viele wissen schon heute nicht, wie sie ihre hohen Energierechnungen zahlen sollen. Die Politik von SPD, Grünen und FDP treibt nicht nur die Erderhitzung voran, sondern auch die soziale Spaltung der Gesellschaft.“
Eine Partei kann aufatmen
Für die Neue Zürcher Zeitung kommt der Verhandlungserfolg den Liberalen gerade gelegen:
„Die FDP ist eine Partei in Not. Sie hatte diesen Erfolg bitter nötig. Ihre Umfrageergebnisse sind mies, die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen waren ein Desaster. Die Stammwählerschaft fremdelt mit einer Partei, die auf der einen Seite eine radikale Neuordnung der Gesellschafts- und Familienpolitik mitträgt (freie Geschlechtswahl, 'Verantwortungsgemeinschaft' statt Familie) und auf der anderen Seite mitten in der Energiekrise zuschaut, wie die letzten Kernkraftwerke des Landes abgeschaltet werden.“
Solides Regierungshandwerk gefragt
Statt große Sprüche zu klopfen, sollte sich die Ampel-Koalition endlich ans politische Alltagsgeschäft machen, fordert Der Standard:
„Deutschland hat keine Alternative zur Ampel. Diese muss weitermachen bis zur nächsten Wahl. Man kann nur hoffen, dass sich Stil und Umgang bessern. Jetzt müssen die Vorhaben in Gesetzesentwürfe gegossen werden, es braucht einen Haushalt, und das muss in finanziell schwierigen Zeiten auch noch zusammenpassen. Man kann sich vorstellen, was passieren wird. Aber vielleicht besinnt sich die Ampel ja doch und schraubt ihren eigenen Anspruch, die beste Koalition aller Zeiten sein zu wollen, noch herunter. Normales, solides Regierungshandwerk wäre schon Fortschritt genug.“