Welche Zeichen setzt der Weltjugendtag in Lissabon?
Mit der Eröffnungsmesse am Dienstagabend hat der katholische Weltjugendtag in Lissabon begonnen. Papst Franziskus will die Veranstaltung von Mittwoch bis zum Abschluss am Sonntag besuchen. Im Vorfeld gab es vor allem in Portugal selbst Kritik an den hohen Kosten für die Massenveranstaltung. Europas Presse schwankt zwischen hohen Erwartungen und ernsthaften Zweifeln.
Oase der Hoffnung
Correio da Manhã freut sich über die vielen jungen Besucher in Lissabon:
„In diesen Tagen ist Portugal durch den Weltjugendtag das Land der Jugend geworden. Viele junge Menschen kommen in unser Land, junge Menschen, die die richtigen Werte mitbringen: Hingabe, Austausch und Geselligkeit. Kurz gesagt, junge Menschen mit einem Sinn für das Geben. In einer Zeit des moralischen Relativismus, des Mangels an Kommunikation aufgrund der grauenvollen sozialen Netzwerke und des übertriebenen Antagonismus zwischen den Generationen ist der Weltjugendtag eine Oase, die wir loben, nutzen und genießen sollten.“
Wie eine Uno-Vollversammlung der Jugend
Der Weltjugendtag sollte ein internationales Zeichen des Friedens setzen, fordert die der katholischen Kirche nahestehende Zeitung Avvenire:
„Während die Welt hilflos dem Konflikt zuschaut, der einen wichtigen Teil europäischen Bodens blutig macht, und es Menschen gibt, die sich mit der Unvermeidbarkeit von Waffen abzufinden scheinen, sagen uns der Papst und die Jugendlichen, dass ein anderer Weg möglich ist. ... In Lissabon werden 200 Länder aus allen fünf Kontinenten vertreten sein. Fast eine Art Vollversammlung der Uno mit dem fröhlichen Gesicht junger Menschen und dem Willen, die Lehre der [Enzyklika von Papst Franziskus] Fratelli tutti in die Praxis umzusetzen. ... Dies ist umso notwendiger, während sich der 'Dritte Weltkrieg', vor dem der Papst oft warnt, immer weiter auszuweiten droht.“
Feuerwehrleute gehören im Sommer nicht in die Stadt
Eine Massenveranstaltung mitten im Sommer in Lissabon findet der Publizist Daniel Oliveira in Expresso eine schlechte Idee:
„Ist die Förderung Lissabons als massentouristisches Ziel immer noch unsere Priorität? So sehr, dass wir andere wirtschaftliche Aktivitäten in der Stadt lähmen und so viele Millionen ausgeben? Und dann gibt es noch andere Kosten. Feuerwehrleute, die mitten in der Brandsaison dorthin geschickt werden, wo es keine Feuer gibt. Sicherheitskräfte, die in die Hauptstadt abgezogen werden und dafür an anderer Stelle fehlen. Die Überlastung des staatlichen Gesundheitssystems in einer besonders schwierigen Zeit. ... Welchen großen Nutzen soll das alles haben, außer dass sich einige Politiker in der Nähe des Papstes fotografieren lassen?“
Der Andrang hält sich in Grenzen
Die Veranstalter hoffen auf über eine Million Besucher, im Vorverkauf wurden jedoch deutlich weniger Tickets verkauft. Die endgültige Teilnehmerzahl wird erst am Ende feststehen, aber Tygodnik Powszechny rechnet schon mal:
„Auch wenn die Zahl von 600.000 Pilgern in Lissabon beeindruckend erscheinen mag, ist es in Wirklichkeit einer der am wenigsten besuchten Weltjugendtage. Das Treffen von Franziskus mit Jugendlichen in Polen im Jahr 2016 wurde von fast sechs Mal so vielen Menschen besucht. ... Es ist schwierig, einen eindeutigen Grund für die relativ geringe Teilnehmerzahl zu nennen. Für viele war der Hauptgrund wirtschaftlicher Natur. Inflation, teures Benzin und Flugtickets - die in dieser Ferienzeit astronomische Preise erreicht haben - haben sicherlich viele Menschen von der Teilnahme abgehalten.“