Türkei: Rettet hoher Leitzins die Lira?
Die türkische Zentralbank hat den Leitzins von 17,5 auf 25 Prozent erhöht. Jahrelang hatte sich Präsident Erdoğan gegen hohe Zinsen gewehrt, während die türkische Lira enorm an Wert verlor. Doch in den letzten Monaten haben Finanzministerium und Zentralbank das Ruder herumgeworfen. Die Landespresse erörtert die sich nun ergebenden wirtschaftlichen Perspektiven.
Ein Signal der Hoffnung
Die Zinserhöhung deutet auf eine Rückkehr zu einer rationalen Finanzpolitik hin, meint die regierungskritische Sözcü:
„Wir haben uns so sehr nach Normalität gesehnt, dass die Menschen sich sogar darüber freuen. ... Unabhängigkeit [der Zentralbank] ist kein Luxus, es ist eine Notwendigkeit! Im Grunde geht es darum, den Wert des Geldes nicht den kurzfristigen Interessen und der Willkür politischer Mächte zu opfern. Regierungen kommen und gehen. Die Wirtschaft des Landes ist jedoch auf die Zukunft ausgerichtet. Daher ist der positivste Aspekt dieser Entscheidung die Betonung der 'Unabhängigkeit'. Jeder weiß, dass die Zinsen nicht erhöht würden, wenn es nach Erdoğan und seinem Team ginge. ... Jetzt gibt es zumindest Hoffnung.“
Notwendiger, aber riskanter Schritt
Die regierungsnahe Sabah gibt sich optimistisch, sieht aber auch Gefahren:
„Nach der Entscheidung spiegelt sich diese positive Stimmung auch an den Märkten wieder. Während die Aktien der Banken in die Höhe schossen, fiel der Dollar zunächst um fast sieben Prozent. ... Doch was ist die andere Seite der Medaille? Nach der Entscheidung der Zentralbank ist mit einem Anstieg der Einlagenzinsen auf 35-45 Prozent zu rechnen, und die Kreditzinsen dürften sich im Bereich von 40-50 Prozent einpendeln. Natürlich kann sich diese Situation auch negativ auf den Realsektor auswirken. Hoffentlich dauert diese Phase nicht lange an. Denn wenn zur Inflation noch Arbeitslosigkeit und Rezession hinzukommen, wäre das schlimmer als die heutige Lage!“