Ukraine: Neuer Chef im Verteidigungsministerium
Nach Korruptionsvorwürfen gegen das Verteidigungsministerium hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj entschieden, dessen Chefposten neu zu besetzen. Olexij Resnikow reichte am Montag seinen Rücktrittsgesuch ein. Nachfolger soll Rustem Umerow werden, der unter anderem an den Verhandlungen über das Getreideabkommen beteiligt war. Über die Motive des Wechsels debattiert Europas Presse.
International wichtiges Signal
Die Wahl Umerows hat zahlreiche Vorzüge, analysiert Mediapart:
„Rustem Umerov war Abgeordneter der Opposition und ist für sein Verhandlungsgeschick bekannt. … Und er hat bei mehreren Staatschefs, darunter Recep Tayyip Erdoğan und Mohammed bin Salman, Gehör gefunden. Ein Netzwerk, das von Bedeutung sein wird: Der Posten des Verteidigungsministers besteht für viele darin, die Beziehungen Kyjiws zu seinen internationalen Partnern zu pflegen und die Lieferung von Militärhilfe im Wert von mehreren Milliarden Euro zu beaufsichtigen. Wichtiges Detail: Rustem Umerow ist Krimtatar. … Seine Ernennung sendet wahrscheinlich auch das Signal, dass Kyjiw nicht beabsichtigt, die Krim fallen zu lassen.“
Die Krim wird unverhandelbar
Die Ukraine-Korrespondentin der Nowaja Gaseta Ewropa, Olga Musafirova, sieht in der Ernennung Umerows ebenfalls eine bedeutende Botschaft:
„Die erstmals in den Jahren der Unabhängigkeit des Landes erfolgte Ernennung eines Krimtataren auf den Schlüsselposten des Verteidigungsministers ist - erst recht in Kriegszeiten - eine ernste Botschaft des offiziellen Kyjiws: Die Krim wird niemals und unter keinen Umständen zum Objekt von Verhandlungen mit Russland oder dem Westen. ... Und die Türkei als strategischer Partner wird unter Verteidigungsminister Rustem Umerow noch strategischer und vertrauter.“
Rekrutierung besonders sensibles Thema
Resnikow musste den Hut wegen der Verfehlungen seiner Mitarbeiter nehmen, so Ilta-Sanomat:
„Hauptgrund sind Korruptionsvorwürfe im Verteidigungsministerium. Es soll bei einigen Anschaffungen zu viel bezahlt haben. Die Schuldigen waren vermutlich Resnikows Untergebene, nicht er selbst. Vor kurzem entließ Präsident Selenskyj regionale Beamte, die für die Rekrutierung von Soldaten zuständig waren. Grund war der Verdacht, dass die Rekrutierung durch Bestechung verhindert werden könnte. Die Wut, die dies in einem Land auslöst, das um seine Existenz kämpft, ist verständlich.“
Kampf gegen Korruption wird wichtiger
Irish Examiner bewertet die Absetzung von Resnikow als sinnvollen Schritt, auch mit Blick auf die Stimmung im Land:
„Seitdem die Ukraine ihren Beitritt zur Nato und zur Europäischen Union beantragt hat, ist das Thema Korruption (ein Thema, das das Land seit langem plagt) für die ukrainische Bevölkerung zu einer ernsten Angelegenheit geworden. Vor allem, weil sich der Krieg hinzieht, dürfte sie für dieses Thema noch stärker sensibilisiert worden sein. Schwierige Situationen erfordern eine starke Führung und Entscheidungsfindung, und die ukrainische Führungsriege muss bereit sein, die interne Korruption zu bekämpfen, während sie weiterhin ihr Land verteidigt.“
Auch Mahnung an die dänische Regierung
Resnikows Entlassung zeugt nach Ansicht von Politiken von einer gesunden Zivilgesellschaft:
„Wenn man zu den Korruptionsenthüllungen noch etwas Positives sagen kann, dann, dass sie größtenteils von den Ukrainern selbst stammen. Selbst während eines blutigen Krieges gibt es daher eine Zivilgesellschaft, die auf den Rechtsstaat beharrt, den die Politiker ihr versprochen haben. Und das ist eine wesentliche Voraussetzung für die EU-Mitgliedschaft. ... Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Korruptionsenthüllungen auch eine Mahnung an die dänische Regierung sind, dafür zu sorgen, dass Dänemarks milliardenschwere Hilfe für die Ukraine auch für die richtigen Zwecke verwendet wird.“