Spaniens Parlament wird mehrsprachig
Spanisch beziehungsweise Kastilisch ist nicht mehr die einzige Sprache, die im spanischen Abgeordnetenhaus verwendet werden darf. Seit Dienstag können wie im Senat auch die Regionalsprachen Katalanisch, Baskisch und Galicisch gesprochen werden. Die Änderung ist auch ein Zugeständnis an die katalanischen Separatisten, deren Stimmen Premier Pedro Sánchez für eine neue Amtszeit braucht. Die Presse schielt auch auf die europäische Ebene.
Eroberungszug der Nationalisten
Stimmenfang und Zwietracht erkennt El Mundo in dem neuen Gesetz:
„Die erste Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses nach den Wahlen vom 23. Juli kam einer Eroberung durch katalanische, baskische und galicische Nationalisten gleich: Erstmals kommt es unter den Volksvertretern zu Verständigungsschwierigkeiten. Unter dem Deckmantel der sprachlichen Pluralität symbolisiert die Einführung des Kopfhörers eigentlich Zwietracht. ... Diese Zwietracht widerspricht der gesellschaftlichen Realität, denn die Spanier haben das Glück, sich in einer gemeinsamen Sprache verständigen zu können. Das Ganze dient nur dazu, der amtierenden Regierung die nötigen Stimmen zum Machterhalt zu sichern.“
Ein historischer Tag
El País freut sich, auch wenn Brüssel vorerst nicht mitzieht:
„Spanien stellt sich nun auf eine Stufe mit Demokratien mit institutioneller Mehrsprachigkeit wie Belgien, Kanada und die Schweiz. [Mehrsprachigkeit] verbindet die Bürger und bedeutet Gleichberechtigung. ... Und sie stellt den in der Verfassung beschworenen Geist von Dialog und Eintracht wieder her. ... Man kann diesen bemerkenswert unspektakulären Dienstag durchaus als historisch bezeichnen. ... Junts per Catalunya sieht ihn als entscheidenden Schritt für die Anerkennung des Katalanischen in der EU, für dessen offiziellen Status in den EU-Institutionen - neben dem Baskischen und Galicischen - die spanische Präsidentschaft gestern eintrat. Das stieß jedoch auf vorhersehbare Zurückhaltung, die 27 verschoben die Debatte lieber.“
Madrid will Brüssel schrittweise überzeugen
La Vanguardia bewertet die Chancen, dass die Regionalsprachen bald auch in Brüssel offiziell verwendet werden dürfen:
„Vor fast zwanzig Jahren gab es schon einen erfolglosen Versuch, Katalanisch, Baskisch und Galicisch als Amtssprachen in der EU anzuerkennen. Er scheiterte am Widerstand Frankreichs, Österreichs und der Niederlande. Heute ist die Situation anders. Ein gewisses Zögern bleibt allerdings. Aber die spanische Regierung will ihr Vorhaben durchsetzen und plant deshalb eine gestaffelte Einführung für Katalanisch, Baskisch und Galicisch. Das stufenweise Vorgehen könnte das Erreichen des Ziels erleichtern.“