Schweiz: Tausendfacher Missbrauch in katholischer Kirche
Seit den 1950er-Jahren gab es in der Schweiz mindestens 1.002 Fälle von sexuellen Übergriffen in der katholischen Kirche. Das geht aus der Studie eines unabhängigen Forschungsteams der Universität Zürich hervor. Die Historiker durften erstmals geheime Akten aus kirchlichen Archiven einsehen. Was muss getan werden, um dem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben?
Kultur des Wegschauens und Schweigens
Die Vertuschung der Missbrauchsfälle hat System, schreibt Kirchenrechtsexperte Stefan Loppacher in der Neuen Zürcher Zeitung:
„Kirchliche Vorgesetzte haben nachweislich systematisch die Aufdeckung der Missbrauchstaten unterbunden, selbst geständige und verurteilte Sexualstraftäter wieder und wieder auf vulnerable Minderjährige und Erwachsene losgelassen sowie eine Kultur des Wegschauens und Schweigens gefördert und gefordert – mit nahezu krimineller Energie. Nicht nur die Täterschaft ist kriminell, sondern auch ihre Mitbrüder im Priester- und Bischofsamt, welche Erstere geschützt und gefördert haben. Die Verantwortung allein den individuellen Akteuren anzulasten, würde somit viel zu kurz greifen.“
Das Zölibat muss fallen
Radikale Schritte fordert der Tages-Anzeiger:
„Die Bischöfe glaubten, es reiche, wenn sie den Priestern Sensibilisierungskurse zum Thema sexueller Missbrauch verordnen und sich bei den Betroffenen entschuldigten. Sie – und ihr oberster Chef in Rom – waren aber bisher nicht bereit, die Strukturen der katholischen Kirche infrage zu stellen. Doch genau das braucht es jetzt. … Die übersteigerte Macht der Bischöfe gehört eingeschränkt, und das Zölibat muss fallen. Ansonsten hören die Missbrauchsskandale wohl nicht auf.“