Wie soll der Westen auf Nawalnys Tod reagieren?
Die russische Behörden wollen die Leiche des in Haft verstorbenen Oppositionellen Alexej Nawalny zwei Wochen lang nicht freigeben. Dessen Umfeld geht davon aus, dass so Spuren für die Todesursache verschleiert werden sollen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell veröffentlichte eine Stellungnahme, dass "letztlich Präsident Putin und die russischen Behörden die Verantwortung" für den Tod tragen.
Bislang gab es keine angemessene Antwort
Bens Latkovskis schimpft in Neatkarīgā, dass der Westen Putin zu lange umgarnt hat:
„2015 wurde der Oppositionelle Boris Nemzow buchstäblich hundert Meter von der Kremlmauer entfernt erschossen. Davor gab es Georgien 2008 und die Poloniumvergiftung von Alexandr Litwinenko. Die Journalistin Anna Politkowskaja wurde an Putins Geburtstag getötet. Es gab den Fall Skripal. Hatten diese Fälle eine ernsthafte Reaktion seitens westlicher Staatschefs zur Folge? ... Jetzt beschuldigen viele die Menschen in Russland, weil sie kaum protestieren. ... Ich würde diese Kritiker gerne mal protestieren sehen, wenn ihnen lange Haftstrafen drohen. Gleichzeitig gab es weder in Frankreich noch in Deutschland Proteste, nicht einmal die geringsten, gegen die freundliche Politik ihrer Staatschefs im Verhältnis zum Kreml-Banditen.“
Putin wird immer skrupelloser
Man darf den Kremlchef nicht einfach gewähren lassen, mahnt Irish Independent:
„Putin glaubt, dass die Ermordung Nawalnys jegliche weitere Opposition abschrecken wird. Je mehr er damit durchkommt, desto gefährlicher wird er. ... Seine Bereitschaft, unschuldige Menschen abzuschlachten, und seine völlige Missachtung des Völkerrechts sind die furchtbaren Kennzeichen seines Regimes. ... Moskau zählt darauf, dass die westlichen Demokratien nach zwei Jahren des Blutvergießens müde werden, Kyjiw zu unterstützen. Jeder Tag, den der US-Kongress zögert, ist ein ermutigendes Signal für Moskau, dass der Westen schwach ist und rohe Gewalt und die Unterdrückung von Freiheiten die einzige Möglichkeit sind, an der Macht zu bleiben.“
Es sieht düster aus
Russland-Korrespondent Anton Alexejew schreibt niedergeschlagen in Eesti Päevaleht:
„Der Tod Nawalnys sollte uns wieder einmal die Wahrheit vor Augen führen. Putin hat, wie wir alle, im Falle einer Konfrontation zwei Möglichkeiten: einen Kompromiss oder eine Gelegenheit zur Zerstörung suchen. Jedes Mal entscheidet er sich für die zweite Möglichkeit. Wenn Putin dich nicht mag und er dich töten kann, wird er dich töten. ... Wir glauben an den Erfolg der Ukraine, weil die Situation dort so sehr von uns abhängt, von unserer Hilfe und Unterstützung. Früher haben wir daran geglaubt, dass sich in Russland etwas ändern würde, weil wir wussten, dass es dort Menschen gibt, die diesen Wandel ebenso sehr wollen wie wir. Es waren nie viele, und der wichtigste von ihnen war Nawalny. Jetzt ist er weg.“