Schweiz: Protestnote gegen EGMR-Klima-Urteil
Die kleine Kammer des Schweizer Parlaments – der Ständerat – hat das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kritisiert. Die Richter seien mit ihrer Einschätzung, dass die Klimapolitik der Schweiz unzureichend sei und nachgebessert werden müsse, zu weit gegangen und hätten ihre Kompetenzen überschritten. Die Landespresse streitet darüber, was die richtigen Signale sind.
Gericht in die Schranken weisen
Blick findet die Richter zu aktivistisch:
„In einer Demokratie gilt Meinungsfreiheit. Richter sind nicht unfehlbar. Kritik an ihnen ist keine Gotteslästerung. Es ist deshalb richtig, dass der Ständerat klare Kante zeigt und den Bundesrat dazu aufruft, dem Menschenrechtsgerichtshof seine Grenzen aufzuzeigen: Die Justiz soll nicht selber Politik machen. Sie ist da, um zu kontrollieren, ob Gesetze eingehalten werden, welche die Parlamente machen. Das ist die Idee der Gewaltentrennung. Der Schweiz steht es zu, den Aktivismus des internationalen Gerichts zu hinterfragen, ohne gleich in Verdacht zu geraten, die Menschenrechte abschaffen zu wollen. Und: Die Schweiz soll sich nicht verrückt machen lassen auf ihrem Weg zu einem besseren Klimaschutz.“
Es fehlt an politischer Weisheit
Der Tages-Anzeiger stört sich an dem Signal, das die Parlamentarier aussenden:
„Übrig bleibt eine Protesterklärung: Eine Schweizer Parlamentskammer kritisiert ein Gericht und fordert ihre Regierung dazu auf, dessen Urteil keine weitere Folge zu geben – oder, je nach Lesart, es zu ignorieren. Wie es Autokraten gern tun. Dass die Kritiker des Urteils nicht sehen, welch problematische Botschaft sie damit aussenden, welchen Schaden sie einer Institution zufügen, die sie – auch das steht in der Erklärung – für bedeutend halten: Das lässt einen ernsthaft am Ständerat zweifeln. Diesmal fehlte es nicht an smarten Voten und argumentativen Finessen, dafür – und das ist schlimmer – an politischer Weisheit.“