Was bringt ein Handy-Verbot an Schulen?

In Italien, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien sind Handys – mit im Detail unterschiedlichen Regelungen – bereits weitgehend aus dem Schulalltag verbannt. Zurzeit wird in anderen Ländern wie Finnland und Ungarn über Verbote von Mobiltelefonen an Schulen nachgedacht.

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Helsingin Sanomat (FI) /

Die Regeln besser Pädagogen überlassen

Die Autonomie der Schulen ist ein hohes Gut, gibt Helsingin Sanomat zu bedenken:

„Die derzeitige Regierung hat in aller Eile Gesetzentwürfe ausgearbeitet, deren Auswirkungen nicht richtig untersucht wurden. Bildungspolitik sollte nicht übereilt gemacht werden. … Es gibt auch eine prinzipielle Ebene: Die Stärke des finnischen Bildungssystems hat immer darin bestanden, dass Bildungseinrichtungen ein hohes Maß an Autonomie bei der Entscheidung hatten, wie Dinge organisiert werden sollten. Die Art und Weise, wie Lehrer Regeln und Praktiken auch in Bezug auf Mobiltelefone umsetzen, ist das, was man Pädagogik nennt. ... Es ist wichtig, dass die Betroffenen bei diesem Thema - die Kinder und Jugendlichen - an der Debatte beteiligt sind. So würden Regeln und Verbote womöglich auch besser eingehalten.“

Népszava (HU) /

Verdächtig fortschrittsfeindlich

In Ungarn wird das ab September geltende Verbot den modernen digitalen Unterricht lähmen, fürchtet die ehemalige sozialistische Politikerin Ildikó Lendvai in Népszava:

„Wenn für den Unterricht nötig und mit Sondergenehmigung durch Schulleitung oder Lehrkraft dürfen Handys für eine Schulstunde mitgebracht werden. Der Haken: Für den Antrag müssen so viel bürokratische Formalitäten erledigt werden, dass ich denke, dass selbst die enthusiastischste Lehrkraft aufgeben wird. ... Mir ist klar, dass auch in Frankreich, England und anderswo einschränkende Regeln gesucht werden (allerdings nach langen Fachdiskussionen). Und ich würde auch nicht so eine große Sache aus dem Handy-Krieg machen, wenn die Maßnahme nicht in die mittelalterliche, modernisierungs- und fortschrittsfeindliche Haltung des ungarischen Staats passen würde.“

Ilta-Sanomat (FI) /

Ruhe zum Arbeiten

Ein Handyverbot wäre auch im Interesse der Schüler, glaubt Ilta-Sanomat:

„Ein Verbot von Mobiltelefonen würde auch das Mobbing in den sozialen Medien, das sich sowohl gegen Schüler als auch gegen Lehrer richtet, zu einem gewissen Grad reduzieren. Zumindest würden Videos, die in der Schule oder in den Pausen aufgenommen werden, nicht im Internet verbreitet werden, um sich über andere lustig zu machen. Das Wichtigste ist jedoch die Wahrung des Arbeitsfriedens. Wenn die Schüler nicht mehr mit dem Smartphone herumspielen, wird sich ihre Konzentrationsfähigkeit verbessern. Es könnte sogar sein, dass Finnland wieder an die Spitze des Pisa-Rankings zurückkehren würde, wenn Handys aus dem Klassenzimmer verbannt würden. Die digitalen Fähigkeiten der Schüler dürften wohl kaum unter der Änderung leiden.“

Mandiner (HU) /

Teenager sind fast erwachsen

Die ungarische Regierung strebt ein Handyverbot in den Schulen ab September an, was die regierungsnahe Mandiner nur teilweise richtig findet:

„Dass das Kind in der unteren und oberen Grundschule [in Ungarn bis zur achten Klasse] das Telefon nicht in der Hand haben muss, ist unbestreitbar. Bei Grundschülern kann es nicht in Frage kommen, dass der Schüler meint, selbst zu wissen, was gut für ihn oder sie sei. ... Aber ab der neunten Klasse ist das Telefonverbot nur eine bequeme Selbsttäuschung und keine Pädagogik. Es ist eine Verschleierung der Tatsache, dass das Kind zwischen der neunten und zwölften Klasse kein Kind mehr ist, sondern ein – noch nicht vollends ausgereifter – Erwachsener.“