EU-Kommission: Über wen wird noch gestritten und warum?
Am heutigen Mittwoch wollte Ursula von der Leyen die neue EU-Kommission vorstellen. Doch nun wurde die Präsentation um eine Woche verschoben. Ein Grund dafür ist, dass Slowenien seinen bisherigen Kandidaten Tomaž Vesel im letzten Moment durch Marta Kos ersetzte, was vom Parlament in Ljubljana noch abgesegnet werden muss. Das ist aber offenbar nicht die einzige Personalentscheidung, um die noch gerungen wird.
Retourkutsche gegen Melonis Rechtskonservative
Divergenzen gibt es auch bei der Ernennung des Italieners Raffaele Fitto, erläutert Corriere della Sera:
„Das 'Nein' der Sozialdemokraten und der Grünen zu einem Mitglied der EKR, die gegen die Wahl der EU-Kommissionspräsidentin gestimmt haben, ist pünktlich eingetroffen. Es erschwert die Wahl von Minister Raffaele Fitto von den Fratelli d'Italia zum Exekutiv-Vizepräsidenten. … In der Ankündigung [der Verschiebung] hallt auch ein Echo der Probleme wider, die einige Parteien in Deutschland und Frankreich intern haben. ... Es bestätigt sich aber auch, dass die negativen Auswirkungen des Votums von Giorgia Meloni und ihrer EKR gegen die Kommission unterschätzt wurden.“
Slowenien als Brüssels Spielball
Vesels Rückzug war eine Forderung von der Leyens, schreibt Sloweniens ehemaliger Wirtschaftsminister Matej Lahovnik in Slovenske novice:
„In Brüssel erwartet man offensichtlich, dass wir als kleines Land gehorsam sind und dass man uns leicht Dinge aufzwingen kann. Das wagt man bei größeren Ländern nicht. Die EU-Kommissionspräsidentin war in Not, weil die Länder ihr zu viele Männer und zu wenige Frauen als Kandidaten geschickt hatten. ... Jetzt ist auch klar geworden, was sie in den letzten Tagen in Slowenien gemacht hat. … Kritikwürdig daran ist, dass Geschlecht statt Kompetenz zum Kriterium für den Posten geworden ist. Noch kritikwürdiger ist, dass die EU eigentlich keine Föderation ist, die uns vorschreiben kann, wer unser Kommissar sein soll, sondern eine Union souveräner Staaten.“
Glückliches Händchen im Postenpoker
Dnevnik sieht auch innenpolitische Motive für die neue slowenische Kandidatur:
„Premier Robert Golob zog in seiner Not Marta Kos aus dem Ärmel, deren Kandidatur seine Partei Gibanje Svoboda im Präsidentschaftswahlkampf 2022 ihrerseits zurückgezogen hatte und die sich seither von der Partei abgewandt hat. Der Tausch nahm für Golob und auch für Ursula von der Leyen ein glückliches Ende. Er bot eine kompetente, ehrgeizige, fleißige, diplomatisch begabte Frau an, die mit viel politischem Opportunismus ausgestattet ist und so natürlich bereit ist, dem Ruf des Staates zu folgen. ... Damit verlässt Marta Kos für mindestens fünf Jahre die Innenpolitik, was für Golob ein mehr als willkommener Nebengewinn ist.“