Wahl in Litauen: Sozialdemokraten liegen vorn
Aus dem ersten Urnengang der litauischen Parlamentswahl sind die Sozialdemokraten mit über 19 Prozent der Stimmen als Sieger hervorgegangen – knapp vor der regierenden Konservativen Partei mit 18 Prozent. Die neu gegründete linkspopulistische Nemuno Aušra kam mit 15 Prozent auf den dritten Platz. Die Sitzverteilung im Seimas klärt sich aber erst nach dem zweiten Wahlgang am 27. Oktober, wenn die meisten Direktmandate vergeben werden.
Starke Mitte – in Europa eine Ausnahme
Politologe Ramūnas Vilpišauskas betont in 15min, dass sich der Erfolg extremistischer Parteien in Litauen in Grenzen hält:
„Litauen ist eine Ausnahme in Europa, weil sich die Mitte behauptet. Im Gegensatz zu den jüngsten Parlamentswahlen in den Niederlanden, Frankreich und Österreich (oder den Landtagswahlen in Deutschland) gab es in Litauen keinen Durchbruch der rechts- oder linksextremen Parteien. Nemuno Aušra hat, wie in den Umfragen vorhergesagt, gut abgeschnitten, ist aber hinter den traditionellen Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Parteien zurückgefallen – und wird nach der zweiten Wahlrunde noch weiter zurückfallen. Wie schon so oft werden nach diesen Wahlen die Parteien der Mitte und der Opposition die Plätze tauschen.“
Eine antisemitische Linke
Neatkarīgā beleuchtet die bei der Wahl erfolgreich gestartete neue populistische Partei Nemuno Aušra. Sie positioniert sich als Mitte-links und christlich, fiel aber vor allem durch antijüdische Aussagen auf:
„Diese Partei wurde vom ehemaligen Seimas-Abgeordneten Remigijs Žemaitaitis gegründet: Es handelt sich um eine erst vor wenigen Monaten gegründete politische Gruppe. Vor einem Jahr wurde Žemaitaitis 'berühmt', weil er auf seiner Facebook-Seite antisemitische Äußerungen veröffentlichte, in denen er Juden des Völkermords an Litauern während der Sowjetzeit beschuldigte. ... Offenbar entstehen in jedem Land solche politischen Gruppierungen, die radikal linke Positionen vertreten. An Unterstützern mangelt es ihnen leider nicht.“
Kleines Land mit regionalen Präferenzen
Der litauische Urbanist Alexander Larin erklärt in Nowaja Gaseta Ewropa die politische Geografie seines Landes:
„Der erste Wahlgang teilte Litauen in vier große Sektoren. Die durch Dörfer und Kleinstädte geprägte historische Region Samogitien im Nordwesten der Republik bevorzugte die neu gegründete linkspopulistische Partei 'Nemuno Aušra'. Der Südosten, einschließlich der Region Vilnius, stimmte traditionell für die Wahlaktion der Litauischen Polen, eine Partei, die die Interessen der polnischen Minderheit in der Republik vertritt. Die drei größten Städte und Industriezentren, Vilnius, Kaunas und Klaipeda, gaben ihre Stimmen den Konservativen, während die übrigen Bezirke die Sozialdemokraten unterstützten.“