Österreich: Regierungsbildung ohne Wahlsieger?
Obwohl die rechte FPÖ die Parlamentswahl in Österreich gewonnen hatte, hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen nun den bisherigen Regierungschef Karl Nehammer von der zweitplatzierten ÖVP mit der Regierungsbildung beauftragt. Sondierungsgespräche hätten ergeben, dass niemand mit der FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl koalieren wolle, so Van der Bellen.
Nicht undemokratisch
Der Kurier kann die Vorgehensweise des österreichischen Bundespräsidenten nachvollziehen:
„Dass die FPÖ jetzt von einem Schlag ins Gesicht der Wähler oder gar von einem Wahlbetrug spricht, war vorhersehbar. Undemokratisch ist die Vorgangsweise auf keinen Fall. Nach jeder Wahl regieren am Ende des Tages jene Parteien, die im Parlament eine Mehrheit haben. Wer keine Koalitionspartner findet, hat das Nachsehen. Auch wenn er die Wahl gewonnen hat. In der Verfassung ist auch keine Passage zu finden, die den Bundespräsidenten dazu verpflichtet hätte, vorerst einmal dem Wahlsieger einen Auftrag zu erteilen und abzuwarten, ob es diesem gelingt, eine Regierung zu bilden.“
Kickl kann nur gewinnen
Laut Salzburger Nachrichten ist die Kanzlerfrage noch lange nicht entschieden:
„Herbert Kickl ist ... in einer bequemen Situation. Scheitern Schwarz und Rot mit ihren Verhandlungen, kann er doch noch seine Kanzlerträume verwirklichen. Einigen sich Schwarz und Rot hingegen auf eine Regierung, kann sich Kickl als Märtyrer des bösen Machtkartells und der bösen Systemparteien inszenieren, die ihm trotz seines klaren Wahlsiegs den Kanzlersessel geraubt haben. Möglicherweise ist Kickl diese Alternative sogar lieber, weil sie weit besser zur Stimmenmaximierung taugt als die Inbesitznahme des Kanzlersessels in einer Zeit, in der es keine Geschenke zu verteilen gibt.“