Belgien: Pressefreiheit in Gefahr?

In der jüngeren Vergangenheit hat die belgische Justiz mehrfach Medienbeiträge aufgrund von Klagen der darin erwähnten Politiker verboten. Kommentatoren sehen in den Klagen gegen Journalisten, sogenannte SLAPP-Klagen, eine Bedrohung für die Meinungs- und Pressefreiheit in Belgien.

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La Libre Belgique (BE) /

Recht auf Information vorrangig

Eine gefährliche Entwicklung, klagt La Libre Belgique:

„Diese Justizialisierung ist umso gefährlicher, da sie unter dem Vorwand des Schutzes des Privatlebens oder von Verkaufspraktiken stattfindet. Auch wenn diese Argumente unter bestimmten Umständen legitim sind, dürfen sie niemals dazu verwendet werden, Enthüllungen zu untersagen, die von allgemeinem Interesse sind. Die präventive Zensur, die durch Artikel 25 der belgischen Verfassung verboten wurde, taucht in immer heimtückischeren Formen wieder auf und offenbart ein verzerrtes Kräfteverhältnis zwischen dem Recht auf Information und privaten oder politischen Interessen. Dabei sollte es in einer Demokratie keinen Zweifel darüber geben, dass Ersteres Vorrang hat.“

RTBF (BE) /

Keine echte Meinungsfreiheit ohne Fakten

Das Handwerk des Journalisten verteidigt Bertrand Henne auf RTBF und meint, dass die Bürger sich in einer falschen Freiheit wähnen:

„Die Häufung [der Eingriffe in die Medien] ist alarmierend. Sie stellt in diesem Land einen beispiellosen Rückgang des Rechts auf Information dar. Und wenn dies bei relativer Gleichgültigkeit der Öffentlichkeit geschieht, liegt das zweifellos an einem zurückgehenden Vertrauen in die Presse, aber auch daran, dass wir, so glaube ich, individuell eine große Meinungsfreiheit erleben. Noch nie konnten wir unsere Meinungen so einfach äußern – doch genau darin liegt das Paradoxon unserer Zeit: Meinungen sind frei und werden wertgeschätzt, aber die Fakten, die Journalisten zu ermitteln versuchen, sind es immer weniger. Doch was ist eine totale Meinungsfreiheit ohne die Fakten?“