Spanien nach der Flut: Wutausbruch gegen den Staat
Bewohner des von der Sturzflut besonders stark betroffenen Ortes Paiporta haben den spanischen König Felipe VI., Ministerpräsidenten Pedro Sánchez und den Regionalpräsidenten des Gebiets Valencia, Carlos Mazón, während ihrer Inspektion des Katastrophengebiets mit Schlamm beworfen und übel beschimpft. Die chaotischen Szenen führten zum Abbruch des Besuchs. Der König äußerte später Verständnis für die Wut und Enttäuschung.
Schmerz wird von Hassrednern missbraucht
El País sieht eine zersetzende Strategie:
„Die Empörung ist verständlich. ... Aber Gewalt ist nicht verständlich. Sie wurde von denen geschürt, die den Schmerz anderer ausnutzen, um ihre Populismus-Strategie gegen unseren Rechtsstaat anzuheizen. ... Wir müssen uns fragen, ob die Reise [der Staatsrepräsentanten] eine gute Entscheidung war. Aber Distanz der Machthaber zum Ground Zero der Tragödie wäre auch kritisiert worden. Dort spüren die Menschen – nachdem die Regionalregierung sie nicht vor der drohenden Gefahr gewarnt hatte – nun seit fast einer Woche, dass die Verwaltung überfordert ist. ... Nur der Staat kann die Normalität wiederherstellen. ... Und Effizienz ist die beste Werbung für die Demokratie. ... Aber sie allein wird nicht reichen, wenn die Hassredner nicht gestoppt werden.“
Schlammwürfe auf den König sind verständlich
Gazeta Wyborcza äußert Verständnis für den Zorn der Betroffenen:
„Der Ausbruch der Proteste in Paiporta hat die königliche Delegation überrascht, die von Sicherheitskräften mit Regenschirmen vor Schlamm geschützt werden musste. ... Die Lage in Paiporta ist verzweifelt. Das erklärte auch Bürgermeisterin Maribel Albalat selbst. Neben der Zerstörung und dem die Straßen bedeckenden Schlamm haben die Einwohner mit der anhaltenden Isolation einiger Stadtteile zu kämpfen. ... Die extremen Emotionen im Epizentrum der Katastrophe sollten nicht überraschen.“
Entblößter Monarch
Die Szene wird Spanien verändern, glaubt La Repubblica:
„Der König, in Spanien immer das emotionale Symbol der Macht, ist nackt und mit Schlamm bedeckt. … Er entdeckt in dem Inferno, dass es nun die Autorität selbst ist, die zur Zielscheibe der Wut wird, die die Überlebenden des unterschätzten Jahrhundertsturms seit fünf Tagen verzehrt. Diejenigen, die im Schlamm versunken sind, antworten mit Schlamm. ... Es ist eine unauslöschliche Szene, die in die Geschichte dieses Landes eingehen wird, das bald mit der Angemessenheit seiner Institutionen ins Gericht gehen muss. Nicht einmal Premierminister Sánchez bleibt verschont. Sogar gegen ihn, der sich ein paar Schritte rechts von Felipe bewegt, gibt es den gleichen Schlamm, die gleichen Anschuldigungen, die gleiche Aufforderung, zurückzutreten.“
Hilfe war durchaus schnell zur Stelle
Der Kolumnist Antón Losada findet die Angiffe in Eldiario.es falsch:
„Es geht nicht mehr darum, dass meine Regierung alles richtig und deine Regierung alles falsch macht. ... Spanien steht vor der größten Tragödie seit Jahrzehnten. ... Die Industrie der Falschmeldungen und des Hasses mag weiter funktionieren, aber früher oder später wird auch sie mit Schlamm beworfen werden. Die rechte Presse gibt jetzt Pedro Sánchez die Schuld an der Katastrophe. ... Dabei war der Staat von der ersten Nacht an da, die Feuerwehr ist der Staat, die Polizisten sind der Staat, alle die Arbeiter im öffentlichen Dienst, die nach der Pandemie erschöpft waren und nun wieder Menschenleben retten. ... Hören Sie auf sie. Sie wissen, was zu tun ist.“