Trumps Team: Zählt einzig die Loyalität?
Donald Trumps jüngste Kabinettsnominierungen sind wohl die kontroversesten: Gesundheitsminister soll der Impfgegner Robert Kennedy Jr. werden, Justizminister Matt Gaetz, der die Verschwörungstheorie vertritt, Trump sei 2020 die Wahl gestohlen worden. Und Tulsi Gabbard, die der Regierung Biden vorwirft, Russlands "legitime Sicherheitsinteressen" in der Ukraine missachtet zu haben, soll die Geheimdienste leiten. Kommentatoren taxieren die Risiken.
Bedenkliches Muster
Die Ernennung von Matt Gaetz zum Justizminister zeigt, wie weit Donald Trump geht, um die US-Politik beherrschen zu können, sorgt sich The Economist:
„Gegen Gaetz wurde vom FBI, einer Behörde, der er als Justizminister vorstehen würde, ermittelt. Es ging um den Vorwurf des sexuellen Menschenhandels mit Minderjährigen. Angeklagt wurde er jedoch nie. Trump drohte im Wahlkampf immer wieder mit Vergeltung. Daher ist die Unabhängigkeit des Justizministeriums wichtiger denn je. ... Es zeigt sich ein Muster. Wenn Trump die Oberhand hat – etwa über das Außenministerium – ernennt er konventionelle Kandidaten. Wenn er vermutet, dass die Bürokratie sich ihm widersetzen wird, bevorzugt er Personen, die die Institutionen bekämpfen, die sie eigentlich leiten sollten.“
Politik mit der Abrissbirne
Trumps Wahl für eines der mächtigsten Geheimdienstämter fällt nicht ohne Grund auf Tulsi Gabbard, meint der Tages-Anzeiger:
„Der Mangel an Erfahrung dürfte sogar einer der Gründe sein, warum Trump Gabbard vorgeschlagen hat, eine Überraschung, mit der in Washington niemand gerechnet hatte. Trump misstraut den Geheimdiensten, die er als feindlichen 'Deep State' wahrnimmt. Gabbards Nominierung könnte desillusionierte Beamte dazu veranlassen, von selbst den Hut zu nehmen. Das Chaos würde es Trump erlauben, die Geheimdienste an die Kandare zu nehmen. Gabbard ist Teil der Abrissbirne, mit der Trump auch dem Verteidigungs- und dem Justizministerium droht.“
Gehorsam geht vor Expertise
In Trumps erster Amtszeit gärte es oft in seinem Team. Er hat aus seinem damaligen Fehler gelernt, meint Dnevnik:
„Acht Jahre später ist Trump vorbereitet. ... Die Auswahl erfolgte offensichtlich im Vorfeld, und das wichtigste Kriterium ist Loyalität. Gemessen an den Ernennungen in einigen wichtigen Ministerien, vor allem des Justizministeriums, war das Erfahrungskriterium im Gegensatz zum ersten Mal von deutlich untergeordneter Bedeutung. Diesmal will Trump gehorsame Menschen, keine Experten mit eigenen Plänen. Nur so wird er wohl erreichen, was er sich vorgenommen hat. Und er will Menschen, die weit vom sogenannten Establishment entfernt sind. Wenn sie Staub aufwirbeln, sind sie vielleicht sogar besser.“
Letztes Wort beim Senat
Noch kann dieses Kabinett verhindert werden, betont Tvnet:
„Die Nominierungen lassen selbst erfahrene Beobachter der US-Politik kopfschüttelnd zurück. .. Es sei darauf hingewiesen, dass Trump zwar die Aufgabe zukommt, Mitglieder seiner Regierung zu nominieren, diese und fast 1.000 weitere Positionen jedoch letztendlich vom US-Senat offiziell bestätigt werden müssen. ... Im Moment sieht es so aus, dass die Republikaner eine knappe Mehrheit im Senat haben werden, aber nur ein paar republikanische Senatoren, die den jeweiligen Kandidaten nicht mögen, würden ausreichen, um zusammen mit der demokratischen Opposition eine Kandidatur durchfallen zu lassen.“
Durch ein Schlupfloch zum Wunschkabinett?
Trump könnte versuchen, seine Minister auch ohne Zustimmung des Senats durchzusetzen, befürchtet Corriere della Sera:
„Das Gesetz besagt, dass der Präsident Amtsträger ohne Abstimmung ernennen und einsetzen kann, wenn dringende Ernennungen anstehen oder Notfälle während der Sitzungspausen des Senats auftreten. Es handelt sich um eine alte Regel aus der Zeit, als man noch auf Pferden ritt und die Einberufung der Parlamentskammern lange dauern konnte. Bush und Clinton haben sie oft angewandt. Obama auch, aber viel seltener, nicht zuletzt, weil der Supreme Court 2014 viele seiner Ernennungen für ungültig und das Verfahren für verfassungswidrig erklärte. Doch Trump scheint entschlossen zu sein, sich darüber hinwegzusetzen, wohl wissend, dass er das Gericht seither selbst umgeformt hat.“
Ohnehin alles Auswechselkandidaten
Das erste Kabinett hat keine große Bedeutung, kommentiert Kolumnist Fehmi Koru in Karar:
„Trump ist ein ungestümer Mann. Deshalb war schnell klar, wen er in kritische Positionen berufen würde. ... Ich halte es hingegen nicht für besonders wichtig, sich jetzt mit diesen Personen zu beschäftigen, denn in Trumps erster Amtszeit war kein einziges Mitglied seines ersten Teams noch im Amt, als er das Weiße Haus verließ.“