Lettland: Wie Lebensmittel erschwinglich machen?
Lettlands steigende Lebensmittelpreise liegen nun etwa vier Prozent über dem EU-Durchschnitt. Dabei hat das Land eines der niedrigsten Einkommensniveaus der Union. Wirtschaftsminister Viktors Valainis will nun eine Preissenkung erreichen. Geplant sind eine Obergrenze für die Marge der Einzelhändler, die Einführung eines digitalen Tools zum Preisvergleich, ein Verbot der Vernichtung unverkaufter Lebensmittel und Maßnahmen gegen Preisdumping.
Das Problem ist nicht der Wurstpreis
Für Neatkarīgā wurzeln die Probleme tiefer, nämlich in strukturellen Defiziten der lettischen Volkswirtschaft:
„Lettland braucht für künftigen Wohlstand nicht nur Preissenkungen und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, sondern auch Arbeitsproduktivität und Leistungsfähigkeit, Innovation und neue Technologien, den Einsatz künstlicher Intelligenz und kleine Kernkraftwerke, die billigen Strom produzieren. Wir müssen den Export aktivieren und die Infrastruktur entwickeln. Eine Senkung des Wurstpreises um 20 Prozent bringt wenig, wenn die Kaufkraftparität [das Verhältnis zwischen Einkommen und Lebenshaltungskosten] um 40 Prozent hinter der von Estland zurückbleibt.“
Lieber die Mehrwertsteuer senken
Latvijas Avīze kommentiert einen Alternativvorschlag:
„Die Händler haben insofern Recht, dass der wirksamste staatliche Mechanismus zur Senkung der Lebensmittelpreise ein niedrigerer Mehrwertsteuersatz für den Korb aus Grundnahrungsmitteln wäre – unter der Voraussetzung, dass der Staat kontrollieren kann, wo die nicht als Steuer erhobene Differenz verbleibt. Es darf nicht wie beim lettischem Obst und Gemüse ausgehen, für das bereits ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz gilt, die Preise in den Läden jedoch nicht gesunken sind. Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf andere Lebensmittel ist nicht zu erwarten: Der mit viel Mühe erstellte Staatshaushalt pfeift aus dem letzten Loch und in einer solchen Situation ist die Senkung der am besten zu erhebenden Steuer nicht zu erwarten.“
Nicht auf Kosten der einheimischen Produzenten
Journalist Toms Lūsis bricht in TVnet eine Lanze für die Unterstützung der lettischen Landwirte:
„Ich hoffe wirklich, dass die Maßnahmen für die Verbraucher offensichtlichen Nutzen bringen. ... Gleichzeitig sind eine starke Landwirtschaft und die Fähigkeit eines Landes, sich mit Nahrungsmitteln selbst zu versorgen, unter diesen geopolitischen Umständen von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen lokales Fleisch, Gemüse, Mehl und Milchprodukte. Die beinahe geschlossenen Grenzen während der Pandemie haben das bewiesen, aber jetzt passieren um uns herum noch viel ernstere Dinge. Der Plan der Regierung, die Lebensmittelpreise zu senken, sollte mehr als sorgfältig geprüft werden, sodass nicht die Gefahr besteht, dass dies auf Kosten der lokalen Produzenten geschieht.“