Syrien: Wie geht es im Lande weiter?

Nach der Machtergreifung der islamistischen Rebellengruppe HTS um Abu Mohammed Al-Dschaulani in Syrien ist die Unsicherheit im Hinblick auf ihre zukünftige Politik groß. Die europäische Presse lotet nun aus, welches System sich nach der gestürzten Assad-Diktatur in Syrien etablieren könnte.

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Transtelex (RO) /

Hardliner geben sich pragmatisch

Laut Transtelex ist nicht klar, was von den neuen Machthabern zu erwarten ist:

„Der Sturz von Assad hat nicht unbedingt zu bedeuten, dass in Syrien eine demokratische Ära eingeläutet worden ist. ... Die syrische Opposition verfolgt nun eine pragmatische Politik - ein sichtbares Zeichen dafür ist, dass die HTS ihren Mitgliedern vorgeschrieben hat, keine Turbane zu tragen, und auch al-Dschaulani selbst gibt seine Interviews in Militäruniform. Die Führer [der HTS] versprechen, das religiöse Kriegsbeil zu begraben, und vermeiden die Frage, wie sie sich Syrien zukünftig vorstellen. In der Provinz Idlib indes verfolgt die Organisation eine ziemlich strenge und auf der Scharia basierende Politik, die von vielen mit der des Taliban-Regimes verglichen wird.“

T24 (TR) /

Keine demokratische Kultur

T24 gibt zu bedenken, dass die Lage in Syrien unsicher ist:

„Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Gruppen mit militärischen Mitteln an die Macht gelangt sind und dass sie wieder kämpfen werden, wenn sie es für nötig halten, ihre Macht zu erhalten. Denn das ist es, was sie am besten können. Wir sprechen über ein Land, das nie demokratische Institutionen und Traditionen entwickelt hat, ein Land, das 61 Jahre lang unter dem baathistischen Regime stand, von denen die vergangenen 53 Jahre unter der Diktatur der Assad-Familie waren.“

Aftonbladet (SE) /

Frauen und Minderheiten bedroht

Aftonbladet äußert Zweifel gegenüber den neuen Machthabern:

„Es gibt allen Grund, den Sturz von Assad zu feiern. ... Aus der jüngeren Geschichte wissen wir allerdings, dass die von [islamistischen] Gruppen wie den Taliban, dem IS, Al-Qaida und der Nusra-Front geschaffenen Gesellschaften furchtbar waren. Getroffen hat es zuerst Frauen und Minderheiten. Ihre Rechte spielten im großen politischen Spiel nur eine untergeordnete Rolle, und Übergriffe wurden oft als 'interne Angelegenheiten' angesehen. Wird sich die Geschichte wiederholen?“

Karar (TR) /

Vor allem zwei Gefahren

Mit Blick auf die Zukunft des Landes gibt es für Karar viele offene Fragen:

„Nach dem Sturz des Assad-Regimes hofft man, dass Syrien mit der Rückkehr der Flüchtlinge aus der Türkei und Jordanien wieder aufgebaut werden kann. Es gibt nun zwei Gefahren: Wird sich die Opposition gegeneinander wenden wie die Mudschaheddin-Organisationen in Afghanistan, die sich nach dem Ende der russischen Besatzung gegenseitig das Blut ausgesaugt haben? Und wird die HTS zu einer Art Taliban werden? Beides wäre eine Katastrophe. Das sind die beiden Fragen, die sich die Welt stellt. Auch wie die Beziehungen zwischen der [kurdischen Partei] PYD und den USA unter Trump aussehen werden, ist ein Problem für sich. Denn er hat gesagt, er werde sich aus Syrien heraushalten.“