Österreich: Dreierkoalition legt Programm vor
Nach mehreren gescheiterten Verhandlungsrunden bahnt sich in Österreich eine mehrheitsfähige Regierungskoalition an. Die Spitzen von ÖVP, SPÖ und Neos legten ein gemeinsam ausgearbeitetes Programm vor, dem die jeweiligen Parteigremien am Wochenende zustimmen sollen. Die rechtspopulistische FPÖ, die bei den Wahlen am meisten Stimmen erhalten hatte, bliebe in der Opposition. Ist das der richtige Weg?
Botschaft der Wähler verstanden
Die Salzburger Nachrichten loben:
„Was da auf den 211 Seiten des Regierungsabkommens steht, kommt dem vom Bundespräsidenten geforderten und aus der Mode gekommenen Aufeinanderzugehen schon recht nahe. Es ist auch kein Kompromiss, der alle nur unzufrieden zurücklässt. Tatsächlich sind alle drei Parteien über ihren Schatten gesprungen. ... Sachlich mag die Budgetkonsolidierung im Vordergrund stehen, emotional und gesellschaftlich ist eine wirksame Integrations- und Migrationspolitik der beste Hebel, um glaubhaft zu demonstrieren: Wir haben die Botschaft verstanden.“
Letzte Chance
Aus einer schwierigen Lage hat man das beste gemacht, beobachtet Dnevnik:
„Wäre die Regierungsbildung misslungen, wäre das Land den Umfragen zufolge noch abhängiger von der FPÖ geworden, deren Unterstützung nach den Wahlen weiter wuchs. Um Neuwahlen zu vermeiden, waren die Parteien daher gezwungen, ihre Meinungsverschiedenheiten beizulegen und eine Einigung zu erzielen. Von ihrer Regierungsposition aus werden sie nun versuchen, den entfesselten Geist der FPÖ einzufangen, indem sie im Interesse der Bevölkerung arbeiten und so die allgemeine Unzufriedenheit beseitigen. Ähnlich wie in Deutschland ist dies vielleicht der letzte Versuch der etablierten Parteien, den Aufstieg der extremen Rechten einzudämmen.“
FPÖ wird sich weiter radikalisieren
Der Deutschlandfunk sieht wenig Grund für Selbstzufriedenheit:
„Die politischen Manöver aller Parteien – aber insbesondere der ÖVP – haben der ohnehin hohen Politikverdrossenheit in Österreich weiter Vorschub geleistet. ... Die ÖVP hat so schlechte Umfragewerte wie nie und stellt nun voraussichtlich dennoch den Kanzler: Christian Stocker, der nicht der Spitzenkandidat der Partei bei der Wahl war und dessen Legitimität man daher anzweifeln kann. Und das tut allen voran die FPÖ. Die Partei hat jetzt schon begonnen, sich noch weiter zu radikalisieren. Sie wird wohl immer weiter ins Verschwörungsmilieu abdriften. Und als größte einzelne Fraktion im Nationalrat wird sie ihre Instrumente und die Bühne zu nutzen wissen.“