Athen beantragt neue Hilfskredite
Im Schuldenstreit zwischen Griechenland und der EU beantragt Athen doch eine Verlängerung des Hilfsprogramms, sagte ein Regierungssprecher am heutigen Mittwoch. Allerdings muss die griechische Regierung erst einmal erklären, wie sie die Kredite bedienen will, bremsen einige Kommentatoren. Andere sehen Berlin am Zug, Europa endlich vom Sparzwang zu befreien.
Athen muss das Kleingedruckte erklären
Die griechische Regierung muss ihre Garantien und Bedingungen für neue Kredite detailliert offenlegen, fordert die linksliberale Tageszeitung El País: "Die Glaubwürdigkeit der Reformen hängt von den Details ab. Sie sind gleichzeitig Voraussetzung für das Abkommen. Wie soll eine neue Steuerreform aussehen, wenn man nicht weiß, wie hoch die Einnahmen sein werden? Woraus sollen die zehn Reformen bestehen, die von der OECD unterstützt werden sollen? Ohne diese Konkretisierungen wird es vielen Regierungen unmöglich sein, den Griechen entgegenzukommen. Selbst wenn sie paktieren wollen, stehen sie unter dem Druck ihrer jeweiligen Öffentlichkeit. Ohne Pakt aber werden die Spareinlagen weiter aus Griechenland abgezogen, die Steuereinnahmen brechen zusammen, das BIP schrumpft, seit die neue Regierung die Macht übernommen hat."
Deutsches Spardiktat gefährdet ganze Euro-Zone
Wenn die Berliner Regierung an ihrer Sparpolitik festhält, fährt sie nicht nur Griechenland, sondern die gesamte Euro-Zone an die Wand, warnt der Ökonom George Irvin in dem linken Blogportal Social Europe: "Was nun zählt, ist die Frage gemeinsamer Verantwortlichkeit. 'Gemeinschaftlichkeit' ist der bevorzugte Begriff. ... Neben Eurobonds braucht es in der gesamten Euro-Zone eine gemeinsame Fiskalpolitik, die wie in den USA staatliche Leistungen sowohl besteuert als auch verteilt. Für die einfachen Menschen bietet die Euro-Zone immer weniger. Derzeit offeriert sie nur eine von Deutschland angeführte endlose Sparpolitik, die auf einem exportorientierten Wachstumsmodell basiert. Dieses kann logischerweise nicht überall in der Euro-Zone nachgebildet werden. Solange Finanzminister Wolfgang Schäuble und die deutsche Regierung diesen entscheidenden Punkt nicht verstanden haben, ist Griechenland so wie die Euro-Zone als Ganzes dem Untergang geweiht."
Ein paar Tricks könnten Grexit verhindern
Noch kann ein Grexit durch ein trickreiches Vorgehen Athens und Brüssels verhindert werden, meint die linksliberale Tageszeitung La Repubblica: "Auf dem Spiel steht die Einhaltung bestehender Regeln und bereits vereinbarter Reformen. Andere Länder wie Portugal oder Irland haben die Regeln befolgt. Derweil ist es aber durchaus legitim, an eine Vereinbarung zu denken, die die Gültigkeit der Regeln bestätigt und gleichzeitig beide Seiten verpflichtet, diese auch so rasch wie möglich zu ändern. ... Eine Lösung im perfekten Brüsseler Stil: indem man ein Auge zudrückt. Eine Vereinbarung mit Trick. Mehrere Ökonomen haben vorgeschlagen, dass Griechenland sich, angesichts des Rückzugs der europäischen Geldgeber und des Mangels an Euro, Liquidität verschafft ohne aus der Währungsunion auszutreten. Dank einer Parallelwährung, die nur im Inland Gültigkeit hätte und von Athen genutzt würde, um die Renten, die öffentlichen Gehälter zu bezahlen und die Rekapitalisierung der Banken zu finanzieren."
Athen sollte die Drachmen-Presse anwerfen
An eine einvernehmliche Lösung der griechischen Schuldenkrise in letzter Sekunde mag die liberale Tageszeitung Mladá fronta Dnes nicht mehr glauben: "Die neuen Regierenden in Athen sollten beginnen, die Drachmen-Presse anzuwerfen. Der mögliche Abschied des am meisten verschuldeten Landes aus der Eurozone erscheint zunehmend mehr als Erleichterung denn als Drohung. ... Dieser Abschied ist nicht nur vorstellbar, er wäre jetzt auch beherrschbar. Er käme einer Schocktherapie gleich. Die Griechen würden sprunghaft verarmen und zu ihrer historisch schwachen und häufig abgewerteten Währung zurückkehren, die ihnen über lange Zeit den ineffektiven Staat ausglich. Sicher verlören die Gläubiger einen beachtlichen Teil ihres Geldes. Den Wählern von Syriza aber würde ein Wahlkampfversprechen erfüllt: bankrott, aber frei. Freilich auch ohne Euro, muss man hinzufügen. Nichts ist umsonst zu haben."
Griechenland schielt auf andere Geldquellen
Athen schielt während der Verhandlungen mit seinen bisherigen Kreditgebern womöglich nach alternativen Geldquellen, glaubt das liberale Wirtschaftsblatt: "Da gab es ja Gerüchte, dass Russland und China Angebote zu einer Zwischenfinanzierung gemacht hätten. Russland würde das aus politischen Gründen wohl sicher gern machen, tut sich aber angesichts des Rubel- und Ölpreis-Verfalls schon schwer genug, seine eigenen Devisenverbindlichkeiten (und die seiner wichtigsten Staatsfirmen) zu bedienen. Schwer vorstellbar, dass es Griechenland mit ein paar –zig Milliarden aushelfen kann. Und aus China war bisher nur zu hören, dass man von einem Angebot an Griechenland nichts wisse. Eine solche Finanzierung wäre zwar ein gewaltiger Affront für die EU (und würde die Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm von dort nicht wirklich erleichtern ...), wäre aber immerhin denkbar."