Varoufakis verhandelt mit Troika
Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis diskutiert vom heutigen Mittwoch an in Brüssel mit den drei wichtigsten Kreditgebern über die Voraussetzungen für weitere Hilfszahlungen. Deutschland hat Athen zu dem Treffen mit der Troika gezwungen und verlangt unerfüllbare Reformen, schimpfen einige Kommentatoren. Andere glauben, dass Varoufakis seine Staatsfinanzen einfach nicht im Griff hat.
Athen hat keine Ahnung von eigenen Finanzen
Die Regierung in Athen hat bislang nur dilettantisch agiert, meint die linksliberale Tageszeitung Der Standard: "Die Wiederanstellung gekündigter Beamter und die Absage an alle Privatisierungen ist ein Signal, dass Syriza die tieferen Ursachen für die Wirtschaftsmisere nicht kapiert. In dieser Situation haben Tsipras & Co. einen Dilettantismus an den Tag gelegt wie noch keine andere Regierung seit Ausbruch der Euro-Schuldenkrise. Die Kontrolle über die Staatsfinanzen ist ihnen entglitten; dass sie in Brüssel keine konkreten Zahlen vorlegen, liegt daran, dass sie diese selbst nicht kennen. Während die griechische Wirtschaft zum Stillstand kommt, wird im Kabinett verzögert, doziert und getäuscht. Varoufakis' lautes Nachdenken über ein nebuloses Referendum hat das kaum noch vorhandene Vertrauen bei den EU-Partnern weiter erschüttert: Schließlich war es ein solcher Vorschlag, der 2011 zum Rücktritt von Premier Giorgos Papandreou geführt hat."
Finanzminister gibt zu viele Interviews
Viele Griechen hatten große Hoffnungen beim Amtsantritt von Finanzminister Yanis Varoufakis. Nach sechs Wochen macht sich allerdings ein Gefühl der Ernüchterung breit, meint die wirtschaftsliberale Tageszeitung Jornal de Negócios: "Wenn die Erwartungen, die man in ihn gesetzt hat, auch eindeutig überhöht waren, muss ein Großteil dieser Enttäuschung dennoch Varoufakis selbst zugewiesen werden. Er hat sich oft in Wiedersprüchen verrannt oder unangemessene Äußerungen gemacht. ... Obwohl sich Athen in einem Wettlauf gegen die Zeit befand, um nicht ohne Geld dazustehen, hat Varoufakis unaufhörlich Interviews gegeben. ... Ein Großteil der Energie in den Verhandlungen mit den EU-Partnern wurde vergeudet, um gewisse Äußerungen aus diesen Interviews wieder zu bereinigen. ... Es ist Zeit, dass Varoufakis weniger redet und mehr tut. ... Am heutigen Mittwoch beginnen die 'echten' Verhandlungen mit der Troika. Vielleicht sehen wir dann auch den 'echten' Varoufakis."
Wenn einer spinnt, dann nicht Varoufakis
Von Griechenland werden unerfüllbare Reformanstrengungen erwartet, kritisiert die linke Tageszeitung taz: "Vor allem Deutschland hat auf der Rückkehr der Troika bestanden - und sich durchgesetzt. Durchgesetzt hat sich Berlin auch mit der Haltung, Athen müsse nun 'liefern' und die vereinbarten Reformen umsetzen. ... Das ist schlicht nicht möglich. Keine Regierung der Welt kann in 20 Tagen die komplette Administration umkrempeln und Kosten und Nutzen mit Zahlen untermauern. Nicht [Finanzminister] Varoufakis spinnt - sondern all jene, die diese völlig realitätsfremde Bedingung aufgestellt haben. Griechenland braucht mehr Zeit, diese Forderung gilt weiter. ... Von den Hardlinern im Euroclub ist kein Einlenken zu erwarten. Die Eurogruppe redet zwar ständig von Reformen - doch selbst wagt sie keine einzige. Die Rückkehr der Troika sagt alles."
Schäuble spricht wie ein arroganter Oberlehrer
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Journalisten nach dem Eurogruppen-Treffen gesagt, dass er dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis in einem Gespräch Naivität in der Kommunikation vorgeworfen hat. Die linke regierungsnahe Tageszeitung Avgi kritisiert Schäubles Ton: "Er verhält sich nicht, wie es sich für einen Minister eines europäischen Landes gehört, sondern mit der Arroganz eines Herrschers. ... Die Geschichte lehrt, dass wenn der Herrscher nicht über Weisheit verfügt, es umso schlimmer für ihn ist. All dies weiß der erfahrene Schäuble, deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass ihm die harten Aussagen nur innenpolitisch nutzen sollen. Während er über die Defizit-Verlängerung für Frankreich kein Wort verliert, spielt er gegenüber Griechenland den Unnachgiebigen, um die Diskussion davon abzulenken."