Clinton will ins Weiße Haus
Hillary Clinton will 2016 die erste Präsidentin der USA werden. Das hat die Demokratin am Sonntag in einer Internet-Videobotschaft verkündet. Einige Kommentatoren zweifeln an ihren Chancen, weil sie für eine Fortsetzung der Politik des jetzigen Präsidenten Barack Obama steht. Andere meinen, dass sie mit ihrer Erfahrung als ehemalige Außenministerin punkten wird.
Kandidatin bietet zu wenig Neues
Hillary Clintons Erfahrung und Bekanntheit alleine werden für den Einzug ins Weiße Haus nicht reichen, meint die konservative Tageszeitung Salzburger Nachrichten: "Bei den Wahlen für das wichtigste Amt der Welt geht es um die Zukunft. Amerika erfindet sich bei den Präsidentschaftswahlen immer wieder neu. In der Regel alle acht Jahre. Mit einer einzigen Ausnahme - der Wahl George Bush seniors - hat es seit Einführung der Amtszeit-Begrenzung am Ende des Zweiten Weltkriegs keine Partei geschafft, das Weiße Haus länger als zwei Amtszeiten zu besetzen. Stimmen die Umfragen, dürfte der Wechselwille 2016 ausgeprägter sein als 2008. Hillary muss darauf hoffen, dass die Republikaner John Ellis 'Jeb' Bush auf den Schild heben. Ein dritter Bush stünde so wenig für einen Neuanfang wie eine zweite Clinton-Präsidentschaft. Mit jedem anderen Herausforderer könnte es schwieriger werden. Ihr einziger Neuigkeitsfaktor wäre die Perspektive, als erste Frau im Weißen Haus Geschichte zu machen."
Clinton muss sich von Obama abgrenzen
Der Weg ins Weiße Haus wird für Hillary Clinton mit zahlreichen Hürden versehen sein, prophezeit die linke Tageszeitung Pravda: "Eine dieser Hürden könnte Obama heißen, der am Sonntag meinte, sie könnte eine 'exzellente Präsidentin' sein. Dessen Popularität ist von einst 69 auf derzeit 47 Prozent gesunken. Es ist deshalb unverständlich, dass Clinton mit ihm in ihrer Wahlkampagne als dem wichtigsten Verbündeten rechnet. Nach der jüngsten Umfrage von CNN sagen sechs von zehn Amerikanern, dass sie jemanden im Weißen Haus möchten, der eine andere Politik als Obama macht. Dass Clinton aus Obamas Lager kommt, könnte also einen Teil der Wähler abschrecken. ... Clinton selbst hat aber auch ein Handicap: sie ist für viele linksorientierte Wähler außerhalb der Großstädte zu zentristisch. Sie wird als sehr wohlhabende Politikerin wahrgenommen, hinter der viele reiche Gönner aus der Wall Street stehen und die es mit dem Präsidentenamt nur ihrem Ehemann gleich tun wolle."
Ex-Außenministerin gut für die ganze Welt
Clinton kann bei ihrer Bewerbung um das Präsidentenamt vor allem ihr außenpolitisches Gewicht in die Waagschale werfen, analysiert die liberale Tageszeitung Sydsvenskan: "Wie so oft werden Wirtschaft und Arbeitsplätze eine entscheidende Rolle bei der Wahlentscheidung spielen, aber auch die nationale Sicherheit wird weit oben auf der Liste stehen. Während die Republikaner abwechselnd die Weltmachtstellung der USA stärken und sie aufgeben wollen, kann Hillary Clinton auf Erfahrungen aus ihrer Zeit als Außenministerin zurückgreifen. Clinton hat über die Prinzipien amerikanischer Außenpolitik gesagt, dass es nicht reicht, Dummheiten zu vermeiden. Die Welt braucht engagierte Vereinigte Staaten, die die internationale Zusammenarbeit bejahen. ... Hillary Clinton hat außerdem sowohl innenpolitisch wie international die Relevanz der Stärkung von Frauenrechten betont. ... Global betrachtet hat das größte Bedeutung, wenn es darum geht, Länder aus der Armut zu führen und bewaffneten Konflikten vorzubeugen."
Dynastien regieren die USA
Beobachter erwarten, dass nach Hillary Clinton demnächst Jeb Bush seine Kandidatur für das Weiße Haus erklären wird. Sollte einer von ihnen gewinnen, wäre in den USA von 1989 bis 2021 mit nur acht Jahren Unterbrechung ein Bush oder ein Clinton an der Macht. Ein Horrorszenario für die liberale Gazeta Wyborcza: "Das Entstehen eines quasi-feudalistischen Systems, in dem das Schicksal eines Menschen im Moment seiner Geburt entschieden wird, wäre ein fatales Signal dafür, dass Amerika in immer größerem Ausmaß den Millionären und Milliardären gehört - zunächst in der Wirtschaft und jetzt auch in der Politik. ... Clintons größter Makel ist nicht einmal die Tatsache, dass sie privilegiert ist, sondern dass sie sich selbst als privilegiert auffasst. ... Kürzlich wurde Frau Clintons erster Enkel geboren. Wahrscheinlich wäre es für die 'gewöhnlichen Menschen' besser, wenn sie die Chance erhielte, sich statt als Präsidentin in einer anderen Rolle zu beweisen: als Großmutter."