Paris gedenkt der Opfer von Charlie Hebdo
In Paris ist am Dienstag der Opfer der Anschläge auf Charlie Hebdo und der Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt gedacht worden. Auch ein knappes Jahr nach den Attentaten hat die französische Politik nichts gegen die Ursachen des Terrors unternommen, klagen einige Kommentatoren. Andere sehen die Meinungsfreiheit durch ängstliche Selbstzensur in Gefahr.
Kampf gegen Terroristen nur halbherzig
Frankreich hätte schon lange Zeit vor der Attacke auf Charlie Hebdo, nämlich seit den islamistischen Attentaten in Toulouse und Montauban im März 2012, wirkungsvoller gegen Terroristen vorgehen müssen, kritisiert die konservative Tageszeitung Le Figaro: "Die Islamisten, die 2015 in Paris zugeschlagen und einen Firmenchef in der Nähe von Lyon enthauptet haben, waren Hass- und Todesbrüder von Mohamed Merah. Seit 2012 war klar, dass der Attentäter von Toulouse ein neues Kapitel des Terrorismus eröffnet hat. Nicht das Kapitel einsamer und verwirrter Wölfe, sondern das organisierter Netze, die auch aus Feinden in unserem Land bestehen. Jahrelang haben Nachlässigkeit in Schulen und Stadtvierteln, eine unbeherrschte Zuwanderung, die Leugnung des zunehmenden radikalen Islamismus und die Aufgabe unserer jüdisch-christlichen Werte sie gedeihen und sich ausbreiten lassen. In diesem Krieg, der den Dschihadisten erklärt wurde, gibt es kein Nullrisiko. Wenn Frankreich jedoch standhalten will, muss es aufhören, sich selbst zu verleugnen."
Frankreich bleibt eine Dschihad-Fabrik
Die Ursachen für islamistische Gewalt werden in Frankreich nach wie vor nicht angegangen, bemängelt die liberale Südostschweiz: "Man spürt derzeit vonseiten der Regierung wie der politischen Opposition keinerlei Willen, sich wirklich jener Banlieue-Ghettos anzunehmen, die bereits mehr als tausend Syrienkämpfer und Dutzende von Terroristen generiert haben. Denn wo die Jugendarbeitslosigkeit 40 Prozent beträgt, haben Salafisten leichte Ernte. Auch in französischen Ex-Kolonien wie Mali vergisst Hollande jede politische Ursachenbekämpfung, nachdem er die Islamisten mit militärischen Mitteln aus dem Land gejagt hat. Da braut sich neue Gefahr zusammen. Der Demograf Emmanuel Todd nennt Frankreich unverblümt eine 'Dschihad-Fabrik'. Und solange darauf keine gesellschafts- und wirtschaftspolitische Antwort gefunden ist, bleibt jede noch so harte Polizeiarbeit reine Sisyphusarbeit. Und 2015 nicht das letzte Annus horribilis für Frankreich."
Gesellschaft unterwirft sich Selbstzensur
Die Gesellschaft hat nach den Charlie-Hebdo-Anschlägen den Mut verloren, Meinung frei zu äußern, meint der konservative Irish Independent: "Einige Überzeugungen verdienen es, auf die Schippe genommen zu werden und wenn die Gläubigen wütend sind, ist es deren Problem. Doch das Leben in einer liberalen Demokratie weckt wenig Verlangen, das Recht auf Beleidigungen zu verteidigen. Wir würden lieber tatenlos zusehen, wie einige Verrückte die Geschichte bestimmen, statt der größten vorstellbaren Sünde der säkularen Welt angeklagt zu werden - Rassismus, oder Islamophobie. Aus den Gräueltaten von Paris vor zwölf Monaten konnte nichts Gutes erwachsen. Aber das wir uns von den Werten abwenden, die wir direkt nach dem Massaker zu unterstützen vorgaben, ist Anlass für echte Verzweiflung. Schon allein deshalb haben die Terroristen gewonnen."