Portugals Staatshaushalt missfällt EU-Kommission
Die Regierung in Portugal hat am Donnerstag ihren Haushaltsplan für 2016 verabschiedet - trotz ausstehender Prüfung durch die EU-Kommission. Diese hält viele Prognosen der neuen sozialistischen Minderheitsregierung für zu optimistisch. Droht ein neuer Krach über die Sparpolitik?
Hoffnungen auf Entlastung schmelzen dahin
Nur vorsichtig optimistisch zeigt sich die wirtschaftsliberale Tageszeitung Jornal de Negócios nach der Verabschiedung des Haushaltsplans und der Brüsseler Kritik an diesem:
„Mit der einen Hand gibt die Regierung, mit der anderen nimmt sie wieder. Am Ende wird die Steuerlast wohl genauso hoch bleiben wie 2015. Eines aber ändert sich: Nun werden diese Lasten auf mehrere Schultern verteilt. ... Einige weniger gute Nachrichten kamen aber bereits vor der Konfrontation mit Brüssel. ... Das Defizit wird zwar geringer ausfallen, aber das Versprechen, die Steuerlast zu senken, ist wohl passé. Auch die Wirtschaft wird weniger wachsen als erwartet. Premier Costa und die linken Parteien können dafür nun die 'Liberalen aus Brüssel' beschuldigen. Doch trotz allem muss festgehalten werden, dass die Spareinschnitte deutlich weniger hart sind als die der vorherigen Regierung.“
Brüssel nicht zu sehr provozieren
Hochmut im Umgang mit der EU-Kommission ist unangebracht, findet die liberale Wochenzeitung Expresso:
„Mit dem Entwurf des Staatshaushaltes hat die Regierung einen gefährlichen Weg eingeschlagen. Natürlich hat sie das Recht, um die Anwendung der Maßnahmen, die sie verteidigt, zu kämpfen und auch von Brüssel Kompromisse zu erzwingen. ... Dieses Spiel aber auf die Spitze zu treiben, ist sehr riskant - besonders zu einem Zeitpunkt, da es keine Rückzugs-Marge mehr gibt und unsere Finanzierung weiterhin vom externen Willen abhängig ist. … Die Rating-Agenturen, die EU-Kommission sowie der Rat für öffentliche Finanzen: Die Liste der Adressen, von denen in den letzten Tagen Warnungen und Bedenken kamen, ist lang.“
Lissabon muss selbstbewusst auftreten
Die liberale Tageszeitung Público kritisiert hingegen Brüssels Sturheit und fordert die neue sozialistische Regierung auf, Portugals Stimme zur Geltung zu bringen.
„In Brüssel beharrt man weiterhin auf einem äußerst intransparenten und skrupellosen Zeitplan und tut so, als hätte sich in Lissabon nichts verändert. Ferner will man den Anschein erwecken, als würde man nicht wissen, dass grobe Fehler in den sogenannten Anpassungsprogrammen gemacht wurden. … Brüssel muss erkennen, dass der Wille der Portugiesen zählt - und dass es ein Vor und Nach dem 4. Oktober 2015 [Parlamentswahl] gibt. Eine Regierung, die ihre Souveränität nicht behauptet, betrügt nicht nur die Wähler, sondern trägt auch selbst dazu bei, zu einer Karikatur der Demokratie zu werden. “