Schweden streiten über Händedruck
Wegen seines muslimischen Glaubens hat der schwedische Grünen-Politiker Yasri Khan einer Journalistin den Händedruck verweigert. Nach einem Sturm der Empörung trat er in der vergangenen Woche zurück. Die Schweden diskutieren die Werte ihrer Gesellschaft und die Presse macht mit.
Werte im Konflikt
Khan hatte die Hand zur Begrüßung an sein Herz geführt, anstatt sie der Journalistin zu reichen. Ob diese Geste zum schwedischen Wertekanon passt, ist noch nicht ausdebattiert, stellt die liberale Boulevardzeitung Expressen fest:
„Die [Debatte um die] Begrüßungsgeste von Yasri Khan verdeutlicht, dass die schwedische Gesellschaft in der Tat sehr klare Meinungen, Wertvorstellungen und Normen hat. Die Toleranz für Abweichungen hat sich, als es ernst wurde, als äußerst begrenzt erwiesen. Leider war uns das nicht so bewusst und haben wir nicht genügend über diese Werte nachgedacht. Es ist höchste Zeit, dies zu tun. Ein Einwanderungsland wie Schweden muss zunächst sich selbst kennen. Was zeichnet uns aus? Was sollte als private Angelegenheit betrachtet werden und über welche Werte kann man verhandeln? Und welche Wahl treffen wir, wenn zwei Werte in Konflikt miteinander stehen, wie zum Beispiel Vielfalt und Gleichberechtigung?“
Multikulti braucht gemeinsamen Nenner
Die Werte der schwedischen Gesellschaft müssen verteidigt werden, ist die liberale Sydsvenskan überzeugt:
„Es darf niemals Unklarheit darüber herrschen, für welche Werte die schwedische Gesellschaft steht und auf welchen sie ruht. Eine multikulturelle Gesellschaft muss ihre gemeinsamen Nenner haben. ... Es geht um den säkularen Charakter des Staats und der öffentlichen Institutionen. Es geht um eine demokratische Verhaltensweise und um den Respekt für die Meinung anderer. ... Um das Ganze herum muss es Raum für Kompromisse geben. Ansonsten darf jeder für sich selig nach seiner eigenen Fasson werden, Schleier tragen oder Minirock, die Hände schütteln oder mit der Hand auf dem Herz grüßen. So einfach - und so schwer - ist das.“