Formiert sich der Widerstand gegen die PiS?
In Warschau sind am Samstag nach Angaben der Stadtverwaltung 240.000 Menschen gegen die nationalkonservative PiS-Regierung auf die Straße gegangen. Für einige Kommentatoren ist dies eine historische Mobilisierung, auf die Europa reagieren muss. Andere glauben, dass der Protest nicht von der Masse der Bevölkerung getragen wird.
Nun bekommt es die PiS mit der Angst zu tun
Diese Mobilisierung ist historisch und dürfte der Führungsriege Angst und Schrecken einjagen, glaubt die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza:
„Noch nie haben sich die Polen in der dritten Republik [Demokratie nach 1989] so entschieden gegen eine Staatsmacht gestellt. Diese Demonstration hat nicht nur bewiesen, dass der Widerstand gegen die PiS sehr stark geworden ist. Sie hat ebenso gezeigt, wie tief verankert in der Gesellschaft die Werte sind, für die wir auf die Straße gehen. Die Grundlagen unseres Lebens sind ein demokratisches Polen in der EU sowie ein Polen mit freien Bürgern, wo alle die gleichen Rechte haben. ... Gegen solch eine Kraft ist die PiS machtlos. Wenn fast eine Viertelmillion Menschen auf die Straße gehen um zu protestieren, dann hat jede Staatsmacht die Hosen gestrichen voll.“
Protestierende Polen verdienen Reaktion der EU
Für die Süddeutsche Zeitung zeigen die Demonstranten in Polen den anderen Europäern:
„Wir sind noch da. Inmitten der europäischen Großkrise ist es nicht selbstverständlich, wenn massenhaft die blaue Fahne mit den zwölf goldenen Sternen geschwenkt wird. Die Demonstranten in Warschau haben es getan und damit klargestellt, dass sie sich eine ihrer größten Errungenschaften nicht nehmen lassen: Bürger Europas zu sein. ... Die Europäische Union ist entweder eine Gemeinschaft von Demokratien und Rechtsstaaten oder sie ist gar nichts. Davon wird sich die EU-Kommission in ihrer Auseinandersetzung mit der polnischen Regierung leiten lassen müssen. ... Hunderttausende Polen haben ein Zeichen gesetzt. Sie verdienen eine Antwort.“
Die Auflehnung der Massen bleibt aus
Dass es der polnischen Opposition nicht wirklich gelingt, einen umfassenden Widerstand gegen die Regierungspolitik zu organisieren, glaubt hingegen Lidové noviny:
„Der Ruf nach einer breitestmöglichen Unterstützung auf der Straße erklärt sich mit einem Blick auf die Meinungsumfragen. Obwohl die Opposition unablässig gegen die Regierung kämpft, gelingt es ihr nicht, die Mitbürger zu überzeugen. Auch kritische Worte aus dem Ausland helfen zum Erstaunen der Regierungsgegner nicht. Im Gegenteil: Wann immer die EU Sorgen über die Zustände in unserem Nachbarland äußert, wächst umgehend die Unterstützung für die Regierung. ... Die Polen haben bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ganz klar gezeigt, dass sie grundlegende Veränderungen wollen. ... Wichtiger als die treuen Anhänger der einzelnen Lager sind die breiten Schichten der Bevölkerung. Man muss abwarten, wie sie die ersten Ergebnisse der Reformen bewerten.“