Historischer Friedensvertrag in Kolumbien
Nach 52 Jahren Bürgerkrieg haben sich die kolumbianische Regierung und die Farc-Rebellen auf einen Friedensvertrag geeinigt. Die Bürger müssen das Abkommen allerdings noch in einer Volksabstimmung billigen - und viele lehnen es ab. Hat der Frieden, der bislang nur auf dem Papier steht, eine Chance?
Große Chance für die Menschenrechte
Mit dem Friedensvertrag zwischen Regierung und Farc-Rebellen können die Kolumbianer ihre Gesellschaft wieder in Ordnung bringen, freut sich Keskisuomalainen:
„Die Unruhen in Kolumbien werden nicht vollständig aufhören, denn die kleinere Guerillabewegung ELN hat ihre Anschläge fortgesetzt. Dennoch bietet das Ende des langen Kriegs den Kolumbianern endlich die Chance, ihre Gesellschaft zu reparieren. In dem durch den Bürgerkrieg zerrissenen Land konnten beispielsweise die gewalttätigen Drogenkartelle relativ frei agieren und die kolumbianischen Politiker haben gute Verbindungen zu rechten paramilitärischen Gruppen und kriminellen Vereinigungen. Dank des Drogenhandels gehörte die Farc zu den reichsten Guerillabewegungen und konnte den Krieg deshalb so lange fortsetzen. Hoffentlich verbessert der Frieden in Kolumbien auch die düstere Menschenrechtslage im Land und führt zu einer positiven Entwicklung im Kampf gegen die Drogen weltweit.“
Neue Guerillabewegungen könnten entstehen
Der Frieden in Kolumbien ist trotz der Einigung von Regierung und Farc-Rebellen längst nicht gesichert, analysiert Cumhuriyet:
„Der Kolumbien-Konflikt begann in den 1960er Jahren mit der Farc als bewaffnetem Flügel der kommunistischen Partei als ländliche Revolte rund um Landforderungen. Die Wurzeln des Konflikts reichen zurück zum Kolonialismus des 16. Jahrhunderts und basieren darauf, Profit und eine auf ausländisches Kapital angewiesene kleine Minderheit zu schützen. ... Ökonomische und soziale Reformen, die für eine Neuverteilung nötig gewesen wären, wurden mit brutalsten Methoden verhindert. ... Eine Landreform bedeutet nun keinen Verzicht auf das von den USA unterstützte neoliberale sozialökonomische Modell mehr. Doch wenn eine Umverteilung und eine Landreform - die beiden Schlüssel zum Frieden - keine Abhilfe schaffen, könnten neue Guerillabewegungen wie die Farc entstehen.“
Dieser Frieden verlangt Kolumbianern vieles ab
Es liegt nun an den Kolumbianern, ob der Frieden auch Realität wird, kommentiert die Süddeutsche Zeitung:
„Kolumbien hat einen umstrittenen, unvollständigen und fehlerhaften Frieden geschlossen. Aber: Es ist ein Frieden. ... Vom Frieden auf dem Papier zum Frieden in den Köpfen ist es allerdings noch ein weiter Weg. Für viele Kolumbianer bedeutet dieses Abkommen auch eine Zumutung. Es verlangt von ihnen, die ehemaligen Guerilleros künftig als normale Bürger zu akzeptieren. ... Die Zukunft Kolumbiens liegt jetzt in den Händen der Kolumbianer. Anfang Oktober sollen sie in einem Referendum über den Pakt von Havanna abstimmen. Sie haben nur zwei Optionen: Ja oder Nein. Nach Lage der Dinge ist der Ausgang ungewiss, aber [Präsident Juan Manuel] Santos hat das Potenzial, die Menschen zu überzeugen. Die Kriegstreiber haben ihre Argumente verschossen.“
Happy End noch lange nicht gewiss
Das jetzt geschlossene Abkommen mit der Farc-Guerilla ist leider noch keine Friedensgarantie, mahnt Le Courrier:
„Bis zur Volksabstimmung werden die Farc-Rebellen ihre zehnte 'Konferenz' abhalten, um ihren etwa 8000 Kämpferinnen und Kämpfern die Inhalte des Friedensabkommens zu erklären. Bis dahin werden sie die Schritte aufzeigen, die die Guerillagruppe nach der Volksabstimmung am 2. Oktober im Falle eines 'Ja' unternehmen muss, um sich von einer bewaffneten Organisation in eine politische zu verwandeln. Ein Happy End? Nicht ganz: Die ELN, die letzte Guerillatruppe, die noch Teil des Konflikts ist, zögert, sich ebenfalls an den Friedensverhandlungen zu beteiligen. Zudem üben paramilitärische und mafiöse Gruppen in zahlreichen Regionen Terror aus - was erklärt, warum die Regierung beschlossen hat, gegen sie und ihre Verbündeten zu kämpfen. Die Phase nach dem Konflikt weckt große Hoffnungen, birgt aber auch jede Menge Gefahren.“