Wird Bulgarien zum Flüchtlings-Hot-Spot?
Bulgariens Premier Borisov hat sich in einem Interview darüber beklagt, dass sein Land bei der Sicherung der EU-Außengrenze allein gelassen werde. Die Regierung fürchtet ansteigende Flüchtlingszahlen im Falle des Scheiterns des EU-Abkommens mit der Türkei. Davor haben auch einige Kommentatoren Angst. Andere kritisieren, dass Bulgarien versucht, Kapital aus der Flüchtlingskrise zu schlagen.
Grenzschutz völlig unzureichend
Im Fall wieder ansteigender Flüchtlingszahlen wäre Bulgarien im Gegensatz zu anderen Staaten in der Region völlig unvorbereitet, warnt die Tageszeitung Trud:
„Serbien hat längst begriffen, dass Bulgarien seine Grenzen nicht ordentlich bewacht. Man hat entsprechend in mehr Grenzschutz investiert. Die zusätzlichen Patrouillen zeigen bereits Wirkung: Jeden Monat werden knapp 2.000 illegale Migranten nach Bulgarien zurückgeschickt. Der Rest wird in Ungarn abgefangen. Dafür brauchte Viktor Orbán nicht mal nach Istanbul zu reisen. Ungarns Regierung hat einfach 3.000 zusätzliche Grenzpolizisten eingestellt und das Grenzschutz-Budget aufgestockt. Sie baut einen zweiten Grenzzaun und motiviert die Bürger, ihr Land zu schützen. Und was geschieht bei uns? Nichts Gutes: Die Grenzpolizei ist wegen der schlechten Arbeitsbedingungen und der schlechten Bezahlung völlig demotiviert. In der Armee sind tausende feste Stellen unbesetzt, doch all das scheint kaum jemanden zu beunruhigen.“
Sofia wehrt Migranten nicht gratis ab
Die bulgarische Regierung versucht, die Flüchtlingskrise zu nutzen, um ihre politischen Ziele in der EU durchzusetzen, meint die Wochenzeitung Kapital:
„Als Gegenleistung für das Aufhalten der Flüchtlinge aus der Türkei möchte Borisov die Unterstützung für den Beitritt Bulgariens zum Schengen- und zum Euroraum. Das ist an und für sich nicht schlecht. Mehr EU-Integration wäre gut für Bulgarien, aber wir dürfen nicht die Gründe vergessen, weshalb wir an der EU-Peripherie sind. Bulgarien ist nicht im Euro und der Schengenzone wegen massiver Korruption, der Verflechtung des Staats mit der organisierten Kriminalität und wegen des maroden Justizsystems. … Es kann nicht angehen, dass ein Land ohne funktionierendes Rechtssystem als einziges Argument für mehr EU-Integration die gemeinsame Grenze mit der Türkei angibt.“