Wie hat 9/11 die Welt verändert?
Mit einer Schweigeminute in New York haben die USA am Sonntag der Opfer der Anschläge vom 11. September 2001 gedacht. 15 Jahre nachdem Flugzeuge ins World Trade Center und das Verteidigungsministerium in Washington flogen und fast 3000 Menschen in den Tod rissen, untersucht die Presse, wie die Ereignisse die Welt geprägt haben.
USA stecken in Identitätskrise
Die globalen Machtverhältnisse änderten sich durch die Anschläge auf das World Trade Center und die USA haben sich bis heute nicht davon erholt, analysiert die Berliner Zeitung:
„In der multipolaren Welt von heute ist der amerikanische Einfluss geringer als je zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg. Gleichzeitig lässt sich keine internationale Krise ohne die USA lösen, da bislang keine Institution die gleiche Macht besitzt. Obama wollte das ändern, hat die Europäer verschiedentlich aufgefordert, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen. Doch weder die EU noch ihre wichtigsten Mitglieder waren und sind dazu bereit oder imstande. ... Ihre teils völkerrechtswidrigen Kriege haben die USA in eine politische Identitätskrise gestürzt, die, wie es bei der Supermacht nun mal so ist, Konsequenzen für die Welt hat. Zudem hat das Ansehen Amerikas in dieser Zeit schwer gelitten. Daran konnte Obamas rationale und maßvolle Politik der vergangenen acht Jahre wenig ändern.“
Westen hat seine Seele verloren
Im Krieg gegen den Terrorismus hat sich der Westen verändert und seine eigenen Werte untergraben, konstatiert Hospodářské noviny:
„Vor 15 Jahren wurde ein Feind geboren, den die Welt nach dem Ende des Kalten Krieges nicht kannte - der islamistische Terror. Mit dem kommen wir seit 15 Jahren nicht klar. Unter dem Einfluss unserer Angst und der populistischen Spiele mit Emotionen sehen wir den Terror heute in fast allem, was mit muslimischem Glauben, dem Koran oder auch der Burka zu tun hat. Als brauche man den Krieg gegen den Terror zur eigenen Existenzberechtigung. In diesem Krieg treten wir leichthin alle unsere Ideale mit Füßen, begrenzen wir unsere eigene Freiheit. ... Wenn der Terrorismus etwas geschafft hat, dann dass er die westliche Welt gezwungen hat, sich reaktiv zu verhalten statt etwas Neues, Nützliches, Inspiratives, Positives zu schaffen.“
Muslime leiden am meisten
Die Anschläge vom 11. September 2001 hatten vor allem für moderate Anhänger des Islam dramatische Folgen, bilanziert The Malta Independent:
„Die mannigfaltigen Erinnerungen an diesen tragischen Tag haben sich unlöschbar in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Die in jeder Hinsicht verwerflichen und abscheulichen Taten stellen eine verdammenswerte und verdrehte Auslegung einer der großen Weltreligionen dar. Die Attentäter haben mit ihrem verachtenswerten Handeln den Anhängern dieser Religion einen Bärendienst erwiesen. Es ist eine traurige Tatsache, dass ausgerechnet jene Muslime, die die verdrehte Auslegung des Islam durch die Extremisten nicht teilen, diejenigen waren, die die vielen Folgen der Anschläge ertragen und erleiden mussten. Und mit dem Aufstieg von Al-Quaida und später dem Islamischen Staat ist die Last, die sie tragen müssen, noch schwerer geworden.“