Vom Terror tief getroffen
Im Frühjahr in Brüssel, am französischen Nationalfeiertag in Nizza, kurz vor Weihnachten in Berlin und immer wieder in der Türkei: Auch 2016 haben blutige Anschläge viele Menschen in Europa erschüttert und Trauer, Ohnmacht und Angst hinterlassen. Wie verändert der Terrorismus den Kontinent und warum können Politik und Gesellschaft ihm offenbar nur wenig entgegensetzen?
Demokratien verwundbarer denn je
Dass Europa weitere Anschläge nicht verkraften wird, fürchtet Valentin Naumescu auf dem Blogportal Contributors:
„Beim derzeitigen politischen Klima auf dem Kontinent, das von Anspannung und Frustration gekennzeichnet ist, könnte jeder neue Terroranschlag zu einem 'Molotowcocktail' werden, der die Stabilität der europäischen Demokratien zerstört, die ohnehin angeschlagen ist vom Misstrauen in die Politik und in die EU-Institutionen. ... Die Menschen fordern Aktionen und Lösungen, doch die lassen auf sich warten. Die europäischen Staatenlenker scheinen sie nicht zur Hand zu haben. Die Opposition, besonders die Extremisten, haben im Gegensatz dazu einen ganzen Sack voller 'Lösungen'. … Mit 2016 geht ein für die EU miserables Jahr zu Ende. Wir blicken sorgenvoll auf 2017, das der Höhepunkt der Strukturkrise des Westens sein könnte und der Punkt, an dem die riesigen Herausforderungen, die schon jetzt die Vertrauensbasis für die liberale Ordnung ausgehöhlt haben, der europäischen Idee den entscheidenden Stoß versetzen könnten.“
Rechtsstaat sieht ohnmächtig zu
Am anhaltenden Erfolg von Terroristen trägt die zu wenig wehrhafte Demokratie eine Mitschuld, meinen die Salzburger Nachrichten:
„Die Terroristen erledigen den Rechtsstaat mit den Mitteln des Rechtsstaats, und das Staatswesen sieht derweil ohnmächtig zu, wie potenzielle Terroristen ihr gefährliches Treiben entfalten. Es handelt sich dabei übrigens um das gleiche Staatswesen, das gnadenlos zuschlägt, wenn es gesetzestreue Bürger oder kleine Unternehmer beim geringsten, mitunter auch unabsichtlich begangenen Regelverstoß ertappt. ... Der Terrorangriff von Berlin hatte, wie jeder Terrorangriff, nicht bloß das Ziel, eine möglichst große Anzahl Unschuldiger zu ermorden. Er richtete sich, wie jeder Terrorangriff, gegen das politische System, in unserem Fall also: gegen die Demokratie. Wie sich - nicht zum ersten und wohl nicht zum letzten Mal - herausgestellt hat, ist die Demokratie nicht in der Lage, sich ausreichend gegen jene zu schützen, die sie zu zerstören trachten. Das ist kein sehr beruhigender Befund.“
Terror-Bedrohung bleibt bestehen
Pessimistisch blickt auch Új Szo in die Zukunft und glaubt, dass Europa noch lange Zeit vom Terrorismus heimgesucht werden wird:
„Terroristen wird es immer geben. Terroranschläge wird es selbst dann geben, wenn die unzähligen Asylbewerber in Europa irgendwann integriert werden können. Denken wir an die islamistischen Radikalen, die französische, deutsche und belgische Staatsbürger sind oder an jene europäischen Söldner der Terrormiliz 'Islamischer Staat', die aus Syrien und dem Irak wieder nach Europa heimkehren. Einige hundert Krieger, die zu allem entschlossen und fähig sind, reichen aus, um Hunderte Millionen Europäer jahrelang in Angst und Schrecken zu versetzen. Auch der 'Islamische Staat' wird niemals gänzlich zu vernichten sein. Europa wird nur dann Einfluss auf die Geschehnisse im Nahen Osten haben, wenn es imstande ist, in der Region so umfassend wie Russland und vor allem die USA zu intervenieren. Davon ist Europa jedoch Lichtjahre entfernt.“