Braucht die Welt die G20?
In Hamburg werden die Scherben des G20-Gipfels auch politisch zusammengekehrt. Zwar bekannten sich die Staaten zum Freihandel, machten jedoch Zugeständnisse an US-Präsident Trump. 19 Teilnehmer stellten sich hinter das Klimaabkommen von Paris, die USA dagegen. Europas Presse diskutiert den Sinn der Gruppe der 20.
Diese Gipfel bringen nichts
Spiegel Online zieht eine ernüchternde Gipfel-Bilanz:
„Die USA machen weiterhin nicht mit in Sachen Klimaschutz, man will sich irgendwie um Afrika kümmern, alle finden Freihandel ganz gut. So weit, so klar muss man das sagen, hätten die Damen und Herren auch mal eben in einer Telefonkonferenz kommen können. Klar: Als der Gipfel geplant wurde, konnte man noch nicht wissen, dass jetzt ein politischer Nichtsnutz wie Donald Trump im Weißen Haus wohnt. Aber auch dann wäre absehbar gewesen, dass dieses Treffen mit Tausenden von Delegierten und gewaltigen Einschränkungen für alle Hamburger den Aufwand kaum rechtfertigen würde. Es ist dringend geboten, sich andere, neue Formate auszudenken, in denen sich Staatsspitzen austauschen können.“
Die G20 steht auch für Chancen
Trotz aller Unzulänglichkeiten bleiben die G20-Gipfel außerordentlich nützlich, findet El País:
„Wir können unsere komplexe Welt mit ihren enormen Herausforderungen nur durch Multilateralismus einigermaßen ordnen. ... Wenn die Chance besteht, dass Globalisierung allen nützt, dann kann sie bei einem G20-Gipfel ergriffen werden. ... Zum Glück besteht sie noch, auch wenn die Gruppe diesmal nur eine G19 war. Aber Trump wird die Globalisierung nicht aufhalten, denn alle anderen Staaten halten daran fest. Zu einer G0 oder sogar G1, von der Trump träumt, wird es nicht kommen. Europa hat diese Woche ein wegweisendes Freihandelsabkommen mit Japan unterzeichnet und eines mit Kanada ratifiziert. Es muss weiter auf multilaterale Abkommen setzen. Mit oder ohne Trump.“
Eine Image-Katastrophe für Deutschland
Gipfel-Hoffnungen und Gipfel-Realitäten prallten gleich auf mehreren Ebenen aufeinander, beobachtet Rzeczpospolita:
„G20 wurde für Deutschland zu einer Image-Katastrophe, die politische Konsequenzen haben könnte. Merkels Agenda war im Kontext des Treffens zwischen Trump und Putin nur noch zweitrangig. Und das Treffen zwischen Merkel und Putin im Beisein Macrons offenbarte die Ohnmacht Westeuropas in den Angelegenheiten zur Zukunft der Ukraine. ... Dazu kommen die Bilder brennender Hamburger Straßen, die um die Welt gingen, die schweren Kämpfe zwischen Globalisierungsgegnern und der Polizei und die Transparente mit der Aufschrift 'Willkommen in der Hölle'. Diese Szenen erzeugen eher das Bild einer nahenden Apokalypse, als das einer neuen Führerschaft Deutschlands in der EU.“
Trump kam, sah und siegte
Für La Repubblica war der G20-Gipfel ein voller Erfolg für Donald Trump:
„Das Abschlussdokument beinhaltet nicht nur die Feststellung, dass die USA die Vereinbarungen [des Klimaabkommens von Paris] aufkündigen und alleine weiter machen. Es geht einen Schritt weiter und macht ein wesentliches Zugeständnis an die US-amerikanische Delegation: Es befugt Amerika, einen anderen Weg zu gehen. In einer wichtigen Passage wird den USA erlaubt, über die erneuerbaren Energien hinaus 'mit anderen Partnern für eine saubere und wirksamere Nutzung fossiler Energien zusammenzuarbeiten'. Übersetzt heißt das: grünes Licht der G20 für den US-Gasexport nach Europa. Genau das Gegenteil von dem, was der Kampf gegen den Klimawandel verlangt.“