Putin für Waffenruhe – mit vielen Vorbehalten
Russland ist prinzipiell mit dem US-Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe im Ukraine-Krieg einverstanden: "Die Idee als solche ist richtig und wir unterstützen sie, aber es gibt Fragen, die erörtert werden müssen", sagte Putin und verwies auf die "Beseitigung der grundlegenden Krisenursachen". Als vordringliches Problem nannte Putin auch die noch anhaltende Präsenz der ukrainischen Armee im Gebiet Kursk.
Schnell geht jetzt gar nichts
Die geäußerten Vorbehalte sind Teil von Putins Verhandlungstaktik, schreibt Pravda:
„Es ist an ihm, das Spiel der inakzeptablen Bedingungen, Zugeständnisse, seiner eigenen Bedingungen, Verschiebungen und der Suche nach Kompromissen bis zu einer erfolgreichen Einigung zu spielen – es gibt keinen anderen Ausweg. ... Keine Seite kann in diesem Spiel Schwäche und Unterwürfigkeit zeigen. Der Kreml wird natürlich verhandeln, aber rechnen wir mit Ausreden, objektiven Einwänden, Verzögerungen und Unzufriedenheit. Bis die russische Armee die ukrainische Armee aus der Region Kursk verdrängt – sie steht kurz davor – sollten wir nicht einmal von einer Einigung träumen.“
Endlich ein Hoffnungsschimmer
Corriere del Ticino ist optimistisch:
„Vielleicht gibt es dieses Mal wirklich einen Hoffnungsschimmer, einen konkreten Grund zu glauben, dass die Kriegsparteien den sicherlich langen Weg zum Frieden einschlagen wollen, nach drei Jahren ohne einen einzigen Tag Waffenruhe. ... Trotz der aggressiven Töne Trumps in den vorangegangenen Stunden ließ Putin erkennen, dass auch für Russland die Zeit für einen Kurswechsel gekommen sei und dass er selbst 'den Vorschlägen zur Einstellung der Feindseligkeiten' zustimmt. Es war nicht selbstverständlich, dass er dies zu einem Zeitpunkt tun würde, zu dem die russischen Truppen noch immer vorrücken und die Befreiung der von den Ukrainern im Gegenzug angegriffenen Region Kursk in ihre letzte Phase eingetreten ist.“
Er hat keine Eile mit dem Frieden
Im Machtspiel zwischen Russland und den USA ist die Ukraine in eine Zuschauerrolle gedrängt worden, befindet Dnevnik:
„Sie ist auf amerikanische Hilfe angewiesen, die über Nacht gestoppt und nicht kurzfristig durch europäische Hilfe ersetzt werden kann. Das Eingeständnis, dass die Ukraine nicht in der Lage sein wird, das gesamte besetzte Gebiet zu behalten, ist ihr erstes Zugeständnis, aber wahrscheinlich nicht ihr letztes. Doch der auf dem Schlachtfeld selbstbewusste Putin wird noch mehr erwarten. … Der Ball bewegt sich nun wieder über das Spielfeld. Putin hat es nicht eilig, Frieden zu schließen. Andererseits hat er aber auch keine Angst vor einem neuen, schnellen Kalten Frieden. Nicht mit einem solchen Präsidenten im Weißen Haus.“
Für Kyjiw inakzeptable Forderungen
Der ehemalige ukrainische Parlamentsabgeordnete Mustafa Nayyem hält es in einem von NV übernommenen Facebook-Post für offensichtlich, dass Moskau keinen fairen Waffenstillstand will:
„Mit 'Beseitigung der Krisenursachen' meint der Kreml seine Forderungen, die die Ukraine niemals akzeptieren wird – Kapitulation, Gebietsabtretungen sowie Verzicht auf eine unabhängige Politik. Faktisch sagt der Kreml: 'Ein Waffenstillstand ist möglich, aber nur, wenn wir gewinnen'. Dieser Ansatz macht jegliche Verhandlungen sinnlos.“
Moskaus Ziele ohne Krieg besser erreichbar
Für Putin wäre eine Waffenruhe strategisch vorteilhaft, analysiert Le Figaro:
„Für den Herrn des Kremls geht es um weit mehr als nur um die Ukraine. Es geht um seine Beziehung zu den USA, den Status Russlands und die Schwächung der Nato. Eine Verständigung mit Trump könnte es ihm ermöglichen, diese Ziele zu weit geringeren Kosten zu erreichen als durch einen Krieg.“
Einfach den Spieß umdrehen
Politologe Abbas Galliamow demonstriert auf Facebook, dass Putins Vorbehalte dessen einseitiger Sichtweise auf den Konflikt entspringen:
„Im Prinzip lassen sich viele von Putins Forderungen mit nichts mehr als gesundem Menschenverstand sehr leicht zurückweisen: 'Sie wollen, dass die Ukraine ihre Armee reduziert? Prima! Und wie weit sind Sie bereit, Ihre eigene zu reduzieren?' 'Sie verlangen, dass pro-russische Politiker an ukrainischen Wahlen teilnehmen? Sind Sie bereit, eine pro-ukrainische Partei in Russland zu registrieren?' 'Sie fordern, dass die Ukraine während der Waffenruhe nicht aufrüstet? Stoppen Sie doch Ihre Rüstungsfabriken.' Überraschenderweise äußern sich weder die Ukraine noch die USA noch Europa in dieser Weise.“