Brüssel kümmert sich um Westschund in Osteuropa
Die EU-Kommission zeigt Verständnis für Osteuropäer, die sich nicht mit Produkten minderer Qualität in ihren Supermärkten abspeisen lassen wollen. Bis September sollen Leitlinien entwickelt werden, die unterschiedliche Standards bei Lebensmitteln unterbinden. Brüssel reagiert damit auf eine gemeinsame Beschwerde der Visegrád-Staaten. Die Medien dieser Länder sind voll des Lobes.
Liebe geht durch den Magen
Gut, dass sich nun die EU-Kommission verantwortlich fühlt, lobt Hospodářské noviny:
„Vielleicht klingt es übertrieben, aber aus Sicht Tschechiens hängt die Zukunft des EU-Projekts durchaus vom Inhalt einer Büchse Frühstücksfleisch ab. Wir sind nicht aus Idealismus in die EU eingetreten, um ihre Werte und die Solidarität zu teilen, sondern mit der Vorstellung, dass es uns dann so gut gehen werde wie den Deutschen. Viele haben den Eindruck, dass der Westen uns immer noch etwas schuldet. Die unterschiedliche Qualität von Lebensmitteln materialisiert dieses Gefühl. ... Hält dieser Eindruck an, dann muss Europa womöglich vergeblich warten, bis die Appelle zu gemeinsamer Verantwortung und Solidarität bei den Visegrád-Staaten fruchten. Die Liebe zu Europa geht nun einmal durch den Magen.“
Firmen schneller als die Kommission
Noch bevor die EU-Kommission aktiv wird, wird die Initiative osteuropäischer Regierungschefs in Brüssel Früchte tragen, prophezeit Dennik N:
„Die Mission des slowakischen Premiers Robert Fico im Auftrag der Visegrád-Staaten in Brüssel endet nicht in einem Fiasko. Die Unzufriedenheit der Menschen wird Folgen haben. Die Firmen, die jetzt noch unterschiedliche Qualität ausliefern, werden sich schnell anpassen. Sie können nicht auf lange Sicht ihre Kunden vergraulen und die Politiker, die diese Kunden vertreten. Sie dürften daher ihre Praktiken ändern, noch bevor die EU-Kommission beginnt, eine europaweite Regelung auszuarbeiten.“
Nur Ausreden von Rumäniens Regierung
Doppelte Standards bei Lebensmitteln beklagt jetzt auch das rumänische Landwirtschaftsministerium in einer am Mittwoch vorgestellten Studie. Die Regierung geht das Problem viel zu zaghaft an, beschwert sich Ziare:
„Es hätte nicht viel gefehlt, dass uns Landwirtschaftsminister Daea gesagt hätte, dass es normal sei, dass wir mehr Geld für einige Westprodukte bezahlen, die mehr Fette enthalten als die Waren, die für den Markt wichtiger EU-Staaten gedacht sind. Und woher sollte er den Mut nehmen, uns auch noch die Namen der Produzenten zu nennen? ... Die ewige Ausrede jener, die uns regieren, war schon immer, dass uns das fehlende Geld und die Armut es nicht erlauben, dieselben Standards wie im Rest Europas zu haben.“