Warum bröckelt Macrons Popularität?
Der Elysée-Palast hat eine positive Bilanz der ersten 100 Amtstage von Emmanuel Macron gezogen. Frankreichs Präsident habe drei wichtige Gesetze verabschiedet und international Führungsstärke gezeigt. Bei der Bevölkerung ist Macron allerdings weniger beliebt als seine beiden Vorgänger zur selben Zeit. Auch Kommentatoren sind geteilter Meinung.
Frankreich hat Ruin verdient
Macron wird nichts am Untergang Frankreichs ändern können, meint der Direktor der Firma Katleya Gestion, Didier Maurin, in Le Temps:
„Macron hätte Frankreich in ein Steuerparadies verwandeln sollen, um Firmen und Kapital aus aller Welt anzuziehen, indem er die Steuer- und Sozialabgaben sofort um ein Drittel senkt. Aber die französische Bürokratie überwacht das kritisch. ... Frankreich wird also selbstverschuldet weiter 'dahinvegetieren'. Das Land ist zu links, zu sehr gegen den Wohlstand von Firmen, zu sehr gegen eine Flexibilisierung des Arbeitsrechts: Frankreich macht Angst. ... Die Zerstörung vieler Firmen - und zwar durch aggressive Abgaben und Steuern - kombiniert mit zahlreichen Regelungen, hat noch keinem Land Wohlstand beschert. ... Das Wachstum wird also weiterhin anderswo stattfinden.“
Franzosen sind unregierbar
Dass Macron so stark und schnell an Beliebtheit verlieren konnte, offenbart, wie launisch die Franzosen sind, meint The Irish Times:
„Frankreichs Präsident hat strategische Fehler gemacht, insbesondere bei der Vermittlung seiner Vision. Doch dass er in Ungnade gefallen ist, ist mehr dem Charakter seiner Landsleute geschuldet. ... Es steckt viel Wahrheit in den Klischeevorstellungen von den ewig unzufriedenen, unregierbaren Franzosen. Der Wunsch 'zu verbrennen, was man angebetet hat', ist ein nationaler Charakterzug, wie es schon bei der Krönung von König Chlodwig I. im fünften Jahrhundert dokumentiert wurde. ... Die Welt beneidet Frankreich um seinen brillanten, dynamischen und jungen Präsident. Doch die Franzosen scheinen fest entschlossen, ihn zu vernichten.“
Moralischer Auftrieb für schwächelnden Macron
El País betont, dass Macron vor allem mit seinem Gesetz zur "Moralisierung der Politik", das Klientelismus vermeiden und das Vertrauen in die Politik wiederherstellen soll, noch punkten wird:
„Selbst wenn das Gesetz hinter den Erwartungen der Organisation Transparency International zurückbleibt, gibt es Macron die Chance, seinen Willen zur Redlichkeit unter Beweis zu stellen. Gleichzeitig kann er mit dem von niemandem ernsthaft kritisierten Gesetz seine Effizienz beweisen. Das kommt dem Präsidenten gelegen, dessen Umfragewerte schon drei Monate nach Einzug in den Élysée-Palast fallen und dem ein heißer Herbst bevorsteht, in dem sich stärkerer Widerstand gegen anstehende Gesetze wie die Arbeitsmarktreform formieren wird.“