NGOs stoppen Seenotrettung von Geflüchteten
Private Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen und Sea-Eye haben ihre Einsätze zur Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer vorerst beendet. Grund dafür sind Sicherheitsbedenken angesichts der Drohungen der von Milizen kontrollierten libyschen Küstenwache. Kommentatoren streiten sich über den Einfluss der NGO-Einsätze auf die Fluchtbewegungen.
Die NGOs sind der falsche Gegner
Solange Schlepper Fahrten nach Europa anbieten, werden sich Verzweifelte auf den Weg machen, sind die Salzburger Nachrichten sicher:
„Welchen Einfluss die NGO-Einsätze tatsächlich auf die Fluchtbewegungen haben, lässt sich nicht eindeutig nachweisen. ... Das ausschlaggebende Element für eine Flucht sind die Rettungen aber nicht. ... Die NGOs im Mittelmeer warnen nun, sie hinterließen eine 'tödliche Lücke'. Wenn sie nicht vor der libyschen Küste unterwegs seien, müssten mehr Menschen ertrinken, prophezeien sie. Wer in Libyen gestrandet ist, wird weiter versuchen, nach Europa zu kommen, solange es irgendeine Möglichkeit dazu gibt. Und die Schlepper sind erfahrungsgemäß findig, wenn es um das Anbieten von neuen Möglichkeiten geht. Sie zu bekämpfen ist die einzig nachhaltige Lösung, um die tödlichen Überfahrten zu stoppen.“
Flüchtlingsretter denken zu kurz
Wenig Verständnis für die NGOs hat Die Welt:
„Die privaten Retter agieren ... verantwortungslos, weil sie de facto das Geschäft der Schlepper fördern und in der Flüchtlingsfrage nur bis zum nächsten Schlauchboot denken - während alle Politiker in Regierungsverantwortung auch die Stabilität eines wankenden europäischen Kontinents im Blick haben müssen. Jedem, der bei Verstand ist, dürfte klar sein, dass es die EU und ihre Gesellschaften zerreißen wird, wenn wir allen, die von einem besseren Leben in Europa träumen, den Weg zu uns eröffnen. ... Die Aktivisten dagegen wollen jedem von den Menschenhändlern vollgestopften Flüchtlingsboot die Rettung versprechen und die Weiterreise seiner Insassen an sichere europäische Gestade. Kurzfristig rettet das Leben. Wer aber das Sterben zwischen Sahara und Mittelmeer beenden will, muss dafür sorgen, dass sich immer weniger Menschen für die Höllenfahrt Richtung Europa entscheiden.“
Eine Kapitulation vor den Rechten
Die Schiffe der Nichtregierungsorganisationen, die nun in den Häfen vor Anker liegen, sind das Bild des moralischen und politischen Scheiterns Europas, konstatiert La Repubblica:
„Wir haben zugelassen, dass die Unternehmer der Angst, die auf Stimmenfang sind, die NGOs auf die Anklagebank zitierten. Wir haben sie der Propaganda der [rechtsnationalen] Lega Nord und des Movimento 5 Stelle von Grillo zum Fraß vorgeworfen, die sie als Meeres-Taxis verunglimpften. ... Am Ende haben die NGOs die Segel gestrichen, was abzusehen war. Doch wie konnte es zu dieser Kapitulation der Zivilisierten kommen? Den kulturellen Hintergrund bildet eine Linke, die sich hat ausblenden lassen. Schweigend und auf erbärmliche Art und Weise ist sie der neuen Hegemonie der 'nationalistischen' Rechten gewichen.“