Gibt es bald Grenzposten auf der irischen Insel?
Der Brexit gefährdet die offene Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Landesteil Nordirland. London will diese Frage nun an die Verhandlungen um eine Zollunion knüpfen. So soll verhindert werden, dass nach dem britischen EU-Austritt strenge Pass- und Güterkontrollen auf der irischen Insel eingeführt werden. Die Presse hält diesen Plan für unrealistisch.
Britischer Vorschlag vollkommen inakzeptabel
Nur wenn Irland ebenfalls die Zollunion verlässt, wäre es denkbar, nach dem Brexit auf Grenzkontrollen zu Nordirland zu verzichten, analysiert The Irish Times:
„Ohne irische Grenzkontrollen könnten US-Rindfleisch, australisches Lamm, chinesischer Stahl und indische Autos nach Belfast importiert und von dort weiter nach Dundalk transportiert werden, das eine Autostunde südlich in der Republik Irland liegt. Von dort könnten sie zollfrei nach Frankreich, Deutschland oder in andere EU-Länder exportiert werden. Verhindert werden kann das nur, wenn die Republik Irland selbst eine Art Halb-EU-Mitglied wird, dessen Exporte an EU-Häfen Zollkontrollen unterworfen werden. Das wird schlicht nicht passieren. Warum sollte eine irische Regierung zu so etwas jemals ja sagen?“
An Kontrollen führt kein Weg vorbei
Dass die Grenze zwischen Irland und Nordirland nach dem Brexit unsichtbar bleibt, ist völlig unrealistisch, meint The Independent:
„Das Problem der inneririschen Grenze ist mehr als ein Jahr nach dem Brexit-Referendum immer noch nicht gelöst. Denn es ist nur logisch, dass der Status Quo, ein reibungsloser Grenzübertritt, nicht beibehalten werden kann. Wenn Großbritannien die Zollunion verlässt - mit oder ohne Übergangsregelungen -, wird es gewisse Kontrollmechanismen geben müssen. Mit diesen muss die Herkunft von Produkten geprüft werden, um sicherzustellen, dass zuvor nach Großbritannien importierte Güter nicht in die EU inklusive Irland ausgeführt werden, ohne dass ihr Ursprung bekannt ist. Auch muss sichergestellt werden, dass diese Produkte den EU-Regeln entsprechen und dass EU-Zölle bezahlt wurden.“
Unflexible EU will harte Grenze erzwingen
Nicht London ist der schwierige Verhandlungspartner, der am Ende dafür verantwortlich ist, dass die Grenze zwischen Irland und Nordirland geschlossen wird, findet The Daily Telegraph:
„Das Thema mag kompliziert sein, doch es ist für die Verhandlungsführer nicht unlösbar. EU-Unterhändler Michel Barnier klang optimistisch, als er im Mai die Republik Irland besuchte und erklärte: 'Es gibt immer eine Lösung. Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.' Die Briten beweisen guten Willen und präsentieren Vorschläge, um eine harte Grenze zu vermeiden. Doch sie riskieren, von ihren unflexiblen Kollegen auf EU-Seite hängen gelassen zu werden. Großbritannien will nicht, dass Irland den Preis für den Brexit zahlt. Es scheint jedoch, dass Brüssel dazu bereit ist, um seine allumfassenden Agenden zu schützen.“