Ein Jahr nach Trumps Wahlsieg
Im November 2016 wählten 63 Millionen US-Amerikaner Donald Trump zum Präsidenten. Seitdem vergeht kaum ein Tag ohne Aufreger und Debatten über ein mögliches Amtsenthebungsverfahren. Ein Jahr nach seinem Wahlsieg ziehen Kommentatoren eine Bilanz der Politik des 45. Präsidenten der USA.
Das Amt hat ihn nicht gezähmt
Eine große Hoffnung der Republikaner hat sich in Trumps erstem Amtsjahr nicht erfüllt, beobachtet Dnevnik:
„Viele Republikaner wussten, dass sie jemanden aufgestellt haben, der sich an die Spitze der Partei gehackt hat und nichts mit der Tradition eines Eisenhower und Reagan gemeinsam hat. Doch sie hofften, dass das Präsidentenamt Trump ändern wird. … Es ist aber eher das Gegenteil passiert. Die Republikaner haben sich an Trump angepasst. Sie haben eingesehen, dass sie ihn dulden und offiziell unterstützen müssen. Trump hat nicht die psychologische Beschaffenheit eines Menschen, der sich von einem Amt, so wichtig es auch sein mag, zähmen lässt. Das ist in den vergangenen zehn Monaten deutlich geworden und wird sich auch in Zukunft wohl kaum ändern.“
Wirtschaft hält Präsidenten an der Macht
Ein Jahr nach seiner Wahl bekommt Trump in den Umfragen so wenig Zustimmung wie kein US-Präsident seit 70 Jahren. Wer Unhaltbares verspricht, den holt schnell die Wirklichkeit ein, beobachtet El Mundo:
„Die Umfragen spiegeln die Enttäuschung über eine ebenso laute wie ineffiziente Amtsführung wieder, die vom Bruch fast aller - zu einem großen Teil unerfüllbarer - Wahlversprechen gekennzeichnet war. Trump gewann die Wahl in populistischer und nationalistischer Manier, indem er höchst komplexe Probleme mit simplen Methoden lösen wollte. ... Die irrationale Außenpolitik und die atomare Bedrohung durch Nordkorea entlarven Trumps kindisch versprochene Isolationspolitik. Trotz allem funktioniert die US-Wirtschaft weiterhin und versorgt einen Präsidenten mit Luft zum Atmen, der zu seinem ersten Amtsjubiläum wenig zu feiern hat.“
China löst die USA ab
Den Jahrestag seines Wahlerfolgs wird Trump am Mittwoch in China feiern. Die einstige Macht der USA gibt er an China ab, bemerkt Le Temps:
„Während der olympischen Spiele in Peking in 2008 zeigte ein Plakat einen Athleten der griechischen Antike, der die Fackel einem chinesischen Läufer der Han-Dynastie reicht. Die implizite Botschaft war, dass China den Okzident ablöst. Das ist genau das, was der 45. Präsident der USA offenbar mit dem fünften Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas tut. Am Ende seiner Asientour wird Trump als Chef einer absteigenden Macht dastehen. Das ist zumindest das, was die chinesische Propaganda daraus machen wird. Und sie wird nicht Unrecht haben.“
Außenpolitik kann sich sehen lassen
Die außenpolitische Bilanz von Trump ist schon vor dem Ende seiner Asienreise gar nicht schlecht, findet hingegen Jyllands-Posten:
„Im Voraus muss man sagen, dass Trumps erstes Jahr die deutlichsten Resultate in der Außenpolitik aufweisen kann. Er konnte nicht nur eine stärkere Allianz gegen Nordkorea und China knüpfen. Er hat auch bei der Nato erreicht, was keiner seiner Vorgänger - nicht einmal Obama - zustande brachte: dass sich die Verbündeten dazu verpflichten, mehr für Verteidigung auszugeben. Die Erkenntnis, die sich in mehreren Nato-Hauptstädten durchgesetzt hat, dass mehr Länder auch mehr beitragen müssen, ist Trumps Verdienst.“