Flüchtlinge: Ist UN-Kritik an EU gerechtfertigt?
Die Uno hat die EU wegen ihrer Kooperation mit der libyschen Küstenwache beim Abfangen von Flüchtlingen im Mittelmeer scharf kritisiert. Dadurch sei die Zahl derer deutlich gestiegen, die unter entsetzlichen Bedingungen in "Haftzentren" in Libyen leben müssten, so der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein. Einige Kommentatoren pflichten ihm bei, andere loben die vermittelnde Rolle Italiens und der EU.
Italiens Pakt mit dem Teufel
Mitschuld an der katastrophalen Lage der Flüchtlinge in Libyen trägt die italienische Regierung, wettert Avvenire:
„Das Flüchtlingsabkommen, das von der italienischen Regierung in Rom im Februar unterzeichnet wurde, konnte nur diese Entwicklung zur Folge haben. Denn es wurde mit einem gescheiterten Staat ausgehandelt und betraf im Wesentlichen den Menschenhandel, das lukrativste Geschäft für die dortigen Kriegsherren. Sie versuchen, die fehlenden Erdöleinnahmen auf allen nur denkbaren Wegen zu ersetzen. Die Absprache hat zwar dazu geführt, dass sich die Zahl der in Europa Ankommenden halbiert hat und die Zahl derjenigen, die aus Libyen freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren, gestiegen ist. Doch ist längst offenkundig, dass es sich um einen 'Teufelspakt' handelt. Denn er hat die Taten der Geiselnehmer und Folterer wehrloser Menschen auf der Flucht legitimiert.“
Nicht mahnen, sondern handeln
Die Vereinten Nationen sollten nicht mahnen, sondern handeln, verteidigt Corriere della Sera das Abkommen Roms mit Libyen:
„Letztendlich hat die Uno es der Vermittlung Italiens und der EU zu verdanken, dass ihrem Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der internationalen Migrationsorganisation IOM überhaupt erstmals der Zugang zu den Gefangenenlagern gestattet wurde. Und jetzt besteht die Möglichkeit, im Raum Tripoli ein großes Aufnahmelager zu errichten, in dem Flüchtlinge untergebracht und identifiziert werden können, um so ihre Aufnahme als Asylbewerber in europäischen Staaten zu erleichtern. Das ist der richtige Weg, um Menschenleben zu retten und akzeptable Lebensbedingungen für sie zu schaffen. Doch um dies zu erreichen, muss man gemeinsam handeln. Von der hohen Kanzel aus Lektionen zu erteilen, ist der Lösung der Probleme wenig dienlich.“