Was lehrt die Senatswahl in Alabama?
Die Nachwahl zum US-Senat im republikanischen Stammland Alabama hat ein Demokrat für sich entschieden: Doug Jones siegte knapp vor dem Republikaner Roy Moore. Für Moore, der sich unter anderem gegen mehr Rechte für Homosexuelle positioniert, hatte sich insbesondere der ehemalige Präsidentenberater Stephen Bannon stark gemacht. Europas Medien diskutieren, wie Moores Niederlage zu bewerten ist.
Trump ist nicht mehr unschlagbar
Moores Niederlage wird für Trump unangenehme Folgen haben, prophezeit Corriere della Sera:
„Erstens kommt Ärger im Senat auf ihn zu. Denn ab Januar kann Trump nur noch auf 51 von 100 Senatoren zählen. ... Und mindestens drei [republikanische] Senatoren (Corker, Flake und McCain) verachten ihn. Zweitens liebt Trump zwar den Extremismus Bannons, noch mehr jedoch liebt er es, zu siegen. Entsprechend dürfte er kaum auf Bannon hören, wenn er merkt, dass er mit radikalen Kandidaten sichere Wahlkreise verliert. Drittens, so hoffen die Demokraten, wird das Ergebnis von Alabama ihrer Wählerschaft Mut machen. Die war nach dem Sieg von 'The Donald' demoralisiert und orientierungslos. Zwar werden sich bei den Midterm-Wahlen die Kräfteverhältnisse wohl nicht gleich umkehren, doch Trump gilt nicht mehr als unschlagbar.“
Rechtspopulismus ade!
Jetzt ist die rechtspopulistische Revolution in den USA zum Stillstand gekommen, glaubt De Volkskrant:
„Präsident Trump hatte sich voll hinter Moore gestellt. ... Und Trump-Flüsterer Bannon hatte am Montag noch einen draufgesetzt, indem er den tiefgläubigen Moore-Anhängern das 'Wunder von Trump' erklärte. Doch das Elixier des Zauberer-Duos, das 2016 zu einer unmöglich geglaubten Präsidentschaft führte, reichte in einem der konservativsten Staaten nicht aus. Das republikanische Establishment fühlt sich nun gestärkt. ... Auch wenn die Partei damals dem Kurs Trumps gefolgt ist, hat sie recht behalten: Wenn Bannons populistische Revolution in Alabama den Demokraten zum Sieg verhilft, dann ist sie keine gute Strategie für die Wahl 2018.“
Ideologische Kämpfe werden nur härter
Für Euphorie ist überhaupt kein Anlass, stellt Zeit Online nüchtern fest:
„Die Wähler in Alabama haben es gerade so geschafft, den vermutlich schlechtesten und unmöglichsten aller Kandidaten nicht zu wählen. Jones schlug Moore mit knappen 20.000 Stimmen Vorsprung. ... Das alles ist kein Grund zum Jubeln. Es offenbart erneut die immense Zerrissenheit der amerikanischen Gesellschaft. ... Weiße gegen Minderheiten, Reiche gegen Arme, Waffenliebhaber gegen Waffengegner, Abtreibungsgegner gegen Abtreibungsbefürworter, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. ... Roy Moores Niederlage überdeckt diese Spaltung lediglich für einen Moment. Eine Wahl allein ändert substanziell nichts. Der Kampf beider Seiten um die ideologische Vorherrschaft im Land wird nun nur noch erbitterter geführt werden. Erlösung liegt für Amerika in weiter Ferne.“
Alle Seiten können daraus lernen
Sowohl Demokraten als auch Republikaner sollten aus dem Wahlergebnis Schlüsse für ihre nationale Politik ziehen, empfiehlt Dnevnik:
„Die Demokraten hoffen auf eine politische Trendwende, aber sie agieren wie eine zerschlagene Armee, sind fast ausschließlich darauf fixiert, Trump zu widersprechen. Gäbe es eine Wende, dann eher wegen der Fehler ihrer Gegner, allen voran denen von Trump, und nicht wegen ihrer eigenen Schlagkraft. Doch Jones hat mit seiner auf die Wirtschaft konzentrierten Kampagne gezeigt, wie es gehen kann. Selbst bei den Republikanern sind einige zufrieden, dass der radikale Moore verloren hat. Besonders der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, freut sich, denn langfristig würde Moore der Partei mehr schaden als nützen. Dennoch ist die Lektion, die die Republikaner bekamen, für sie in jeder Hinsicht schmerzlich.“