Prag: Minderheitsregierung von Babiš vereidigt
Knapp zwei Monate nach der Parlamentswahl ist in Prag die Regierung von Premier Andrej Babiš vereidigt worden. Allerdings verfügt die Protestbewegung Ano des umstrittenen Multimilliardärs und Medienbesitzers nur über 78 der 200 Sitze, sodass sie als Minderheitsregierung Unterstützer suchen muss. Wie die neue Regierungskonstellation die tschechische Politik verändern könnte, diskutieren Kommentatoren.
Gefährliche Machtkonstellation in Tschechien
Nichts Gutes schwant Dennik N angesichts von Babiš' Unterstützern:
„Das ist zumindest zeitweilig die denkbar schlechteste Kombination: Andrej Babiš mit [Staatspräsident] Miloš Zeman, dem rechtsextremen Tomio Okamura und den Kommunisten. Noch nie zuvor hat ein Präsident so demonstrativ seine Nähe zu einer Regierung betont. Die müsse sich nicht um die Zustimmung des Parlaments scheren, sie sei vollwertig, weil von ihm - eine Art Monarchen - ernannt. Babiš wird im Gegenzug Zemans Wiederwahl als Präsident unterstützen. ... Im Parlament setzt derweil eine Abstimmungskoalition aus Babišs Leuten, Rechten und Linken alles durch. Die Extremisten gewinnen Machtpositionen, von denen sie früher nicht einmal zu träumen wagten.“
Babiš muss überzeugen statt kritisieren
Die erste Reise führt den neuen Premier zum EU-Gipfel, wo er die ablehnende Haltung Tschechiens zur Migrationspolitik verdeutlichen will. Für Hospodářské noviny kein schlechter Auftakt:
„Babiš hat recht, wenn er den mangelnden Einfluss Tschechiens in der EU beklagt. Häufig sagen wir nicht, was wir wollen, wir kritisieren bloß. Wir sollten uns endlich wie ein normales EU-Mitglied verhalten mit allen Rechten und Pflichten. Die Frage ist, was sich hinter den Worten von Babiš verbirgt. ... Es ist keine Kunst, auf den Tisch zu hauen und zu sagen, dass man beispielsweise keine Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen will. Die Kunst besteht vielmehr darin, andere Staaten der EU von diesem Kurs zu überzeugen.“