Aus für Ungarns Traditionsblatt Magyar Nemzet
Die konservative ungarische Tageszeitung Magyar Nemzet erscheint am heutigen Mittwoch zum letzten Mal. Ihr Besitzer, der Oligarch und ehemalige Fidesz-Anhänger Lajos Simicska, der heute ein Gegner von Premier Orbán ist, hatte am Dienstag die Schließung angekündigt. Journalismus darf nicht Privatinteressen geopfert werden, mahnen Kommentatoren.
Rachefeldzug eines Verlegers
Der Zeitpunkt und die Art der Schließung zeigen, dass es dem Besitzer vor allem um persönliche Rache an Premier Orbán geht, ärgert sich der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung Népszabadság, Márton Gergely, in hvg:
„Ihr Besitzer war der Magyar Nemzet nicht so sehr verpflichtet, wie ihre Mitarbeiter das sind. Lajos Simicska hat den Zeitpunkt für das Ende so gewählt, dass es Viktor Orbán am meisten schadet. Er tut diesen Schritt in einem Moment, in dem die halbe Welt auf Ungarn schaut und schließt das Traditionsblatt so radikal, dass es jeder mitbekommt. Keine gedruckte Zeitung mehr und auch keine Online-Ausgabe. Nach dem Bruch mit Orbán reichte es gerade noch dafür, dass er 'Orbán ist ein Sperma' auf einige Plakate schrieb. Als seine Rache misslang, schloss er eine Redaktion, die sich darum bemühte, die Welt etwas differenzierter zu sehen.“
Nur echte Unabhängigkeit hat Bestand
Dass nur wirklich unabhängige Medien eine Zukunft im Land haben, erklärt der Journalist Dávid Sajó in Index:
„Heute können in Ungarn nur solche Medien auf eigenen Beinen stehen und von politisch unabhängiger Werbung, Unterstützung und Abonnements leben, die im Dienste der Leser und Zuschauer stehen, statt von ihrem Besitzer für persönliche Zwecke instrumentalisiert zu werden. Ob es uns gefällt oder nicht, all diese Lakaien-Blätter wird früher oder später das gleiche Schicksal ereilen wie die Simicska-Medien. Wenn ihr Besitzer sie in erster Linie wegen persönlicher Machtinteressen finanziert, dann wird er sie auch von einem auf den anderen Moment schließen, sobald sich diese ändern.“