Korea-Gipfel: Lässt sich die Dauerkrise lösen?
Die Präsidenten Nord- und Südkoreas haben sich zum Auftakt ihres Treffens an der Grenze herzlich begrüßt. Als erster nordkoreanischer Staatschef seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 betrat Kim südkoreanischen Boden. Spontan überquerte Moon anschließend ebenfalls die Demarkationslinie. Inwiefern diese Symbolik Bewegung in die Dauerkrise auf der Halbinsel bringen kann, diskutieren Kommentatoren.
Wandel durch Annäherung
Was sich die beiden Staatschefs jeweils von neu belebten Beziehungen erhoffen, analysiert der Volkskrant-Korrespondent für Südkorea und Japan, Jeroen Visser:
„Moon glaubt, dass die Annäherung eine Voraussetzung ist für nachhaltigen Frieden auf der koreanischen Halbinsel. Indem er Kim trifft, tritt er in die Fußspuren seiner progressiven Vorgänger. ... Die [von ihnen propagierte] 'Sonnenscheinpolitik' war eine Reaktion auf die Ostpolitik von West-Deutschland im Kalten Krieg. Annäherung und Investitionen in die nordkoreanische Wirtschaft sollten langfristig zu Reformen im Norden führen und die Wiedervereinigung der beiden Koreas einfacher machen. Für Nordkorea muss der Gipfel der Startschuss sein für mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Süden. Bei seinem Antritt 2011 versprach Kim Jong-un seinem Volk wirtschaftlichen Fortschritt.“
Kim wird Atombombe behalten wollen
Ob eine Denuklearisierung wirklich der einzige Weg aus dem Konflikt ist, fragt sich Lidové noviny:
„Manche, wohl auch Trump, denken, dass Nordkorea sein Atomprogramm aufgibt und kontrollieren lässt - und im Gegenzug einen Friedensvertrag und normale Beziehungen zu den USA bekommt. Kim wäre aber verrückt, einen solchen Handel einzugehen. Er wird die Bombe und die Technik behalten wollen. Das ist inakzeptabel für die USA, könnte jedoch für Trumps Verbündete in Südkorea und Japan ausreichend sein. Für die ist ein stabiles, berechenbares Nordkorea womöglich mehr wert als eines ohne Atomwaffen. Genau diese Details gilt es beim innerkoreanischen Gipfel zu sondieren.“
Washington hat kein Interesse an einer Lösung
Georgij Toloraja, Professor an der Universität des russischen Außenministeriums, glaubt in Iswestija, dass die USA insgeheim daran interessiert sind, die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea aufrecht zu erhalten:
„Faktisch bevormunden die Amerikaner die Südkoreaner, indem sie sich unter dem Vorwand des Atomproblems gegen eine tiefgehende Entspannung auf der Halbinsel aussprechen. Denn der Spannungsherd auf der koreanischen Halbinsel, nahe der Grenze zu China, passt zu den strategischen Plänen der USA zum Erhalt und Ausbau ihrer Militärpräsenz in der Region. Die Einhegung Chinas ist die strategische und geopolitische Hauptaufgabe Amerikas - und der koreanische Vorwand ist dabei sehr praktisch, um an den Grenzen Chinas und Russlands 'kontrollierte Spannungen' zu erhalten.“
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Jedwede Zusagen des nordkoreanischen Regimes müssen überprüfbar sein, mahnt Financial Times:
„Die Erfahrungen der Vergangenheit legen nahe, dass Südkorea nicht allein auf der Basis von Zugeständnissen in der Nuklearfrage sofortige Wirtschaftshilfe leisten sollte. Wobei es sehr schwierig werden wird, die Abrüstungsmaßnahmen Nordkoreas zu verifizieren. Dafür wird ein Maß an ausländischer Einmischung und Kontrolle nötig sein, zu dem der der verschlossene Norden bisher nicht bereit war. Es wird außerdem eine Herausforderung sein, die Abrüstungsschritte im Rahmen eines abgestuften Prozesses mit wirtschaftlichen Maßnahmen zu verknüpfen - doch genau das könnte sich als entscheidend erweisen, wenn es darum geht, einem etwaigen Abkommen Glaubwürdigkeit und Substanz zu verleihen.“