Frankreich will Bahn-Schulden übernehmen
Frankreichs Regierung hat zugesichert, der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF 35 Milliarden Euro Schulden abzunehmen und die jährlichen Investitionen um 200 Millionen Euro zu erhöhen. Im Gegenzug sollen Reformen erfolgen. Offenbar will die Regierung damit die seit zwei Monaten andauernde Streikwelle brechen. Kommentatoren sind nicht überzeugt, dass der Deal funktionieren wird.
Ein beispielloser Kraftakt
Der von Macron angebotene Deal wird eine echte Herausforderung, fürchtet Le Monde:
„Diese Art von Geben und Nehmen ist nichts Neues. Der deutsche Staat hat 1994 das Gleiche gemacht und Schulden in ähnlicher Höhe übernommen. Aber was die SNCF angeht, gibt es in der Gleichung eine sehr große Unbekannte. Wird der Konzern in der Lage sein, eine Anstrengung in einer Größenordnung zu unternehmen, mit der er bisher überfordert war? Wenn man die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens mit der seiner wichtigsten Konkurrenten in Europa vergleicht, stellt man eine Differenz von 30 Prozent fest. Die Hürde ist nicht unüberwindbar, aber sie ist so noch nie da gewesen.“
Präsident wird Probleme bekommen
Macron hat einen unklugen Schachzug gemacht, urteilt L'Opinion:
„Die Ankündigung vom Freitag, dass der Staat 35 Milliarden Euro Schulden von der SNCF übernimmt - 25 Milliarden bis 2020 und 10 Milliarden in 2022 - wird der Regierung sicher nicht helfen, ihre Versprechen zu halten. Die Aussicht darauf, die Staatsverschuldung bis 2022 auf 91,4 Prozent des BIP zu senken, verdüstert sich bereits. 35 Milliarden, das ist fast die Hälfte dessen, was Frankreichs Staatsverschuldung heute von der symbolischen Hundert-Prozent-Marke trennt. ... Einen soliden Haushalt zu erreichen wird immer schwieriger. Um auf Kurs zu bleiben, wird Macron bei der Senkung der Ausgaben eine äußerst mutige Position einnehmen müssen, denn das Wachstum, das die Senkung der Staatsverschuldung 2017 durch üppige Steuereinnahmen ermöglicht hat, verliert an Dynamik.“