Spionage unter Nachbarn
Die Regierung in Wien ist empört über die mutmaßlich in großem Stil durchgeführte Bespitzelung österreichischer Institutionen durch den Bundesnachrichtendienst (BND). Medien berichteten, dass zwischen 1999 und 2006 systematisch die Kommunikation von unter anderem Ministerien und Firmen überwacht wurde. Kommentatoren glauben, dass der Zeitpunkt der Skandalisierung geschickt gewählt ist.
Präzedenzfall gegen deutsche Dominanz
Für den Politologen Heorhij Kuchalejschwili ist beim österreichisch-deutschen Spionageskandal vor allem interessant, warum er gerade jetzt publik wird, wie er auf dem Portal 112.ua schreibt:
„Die Entschlossenheit der Österreicher, die Deutschland gegenüber ihren Protest für Ereignisse von vor zwölf Jahren ausdrückten, schuf ein Modell: Die Führer anderer europäischer Staaten, wie Polen, Ungarn oder Italien, die ebenfalls die Politik der 'offenen Türen' Merkels nicht teilen, können nun auch bei sich nach Spuren des deutschen Geheimdienstes suchen. Österreich hat Deutschland als einen Staat hingestellt, der anderen Ländern - EU-Staaten - seinen Willen aufdrückt und sich intransparente Handlungen erlaubt, um seinen Einfluss auf deren Innen- und Außenpolitik auszubauen.“
Gute Gelegenheit für Wien
Der Skandal über deutsche Spionage in Österreich kommt der Regierung in Wien höchst gelegen, glaubt auch Der Standard:
„Einerseits ist der Wirbel so gewaltig, dass er von der höchst unangenehmen Debatte über den Zwölfstundentag ablenkt. Andererseits erhebt sich auch die Frage, was der österreichische Verfassungsschutz darüber wusste, was die deutschen Freunde so treiben. Entweder er wusste nichts, dann ist er weder Geld noch Aufwand wert - oder er wusste mehr, als er bis dato zugibt. In beiden Fällen hat BVT-Chef Peter Gridling [vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung] Erklärungsbedarf. Just jener Gridling, den FPÖ-Innenminister Herbert Kickl aus anderen Motiven so dringend loswerden möchte.“