Ist die Populismuswelle noch zu stoppen?
Die Visegrád-Staaten, Österreich, Italien: In immer mehr Ländern Europas sind Regierungen am Ruder, die auf die Souveränität der Nationalstaaten und auf Abschottung in der Migrationsfrage drängen. Diesen Trend sehen Kommentatoren mit Besorgnis, suchen nach Ursachen und machen Vorschläge, wie man ihn umkehren könnte.
Linke muss Führungsrolle übernehmen
Welche Rolle der politischen Linken in Zeiten des Populismus zukommt, erklärt die Tageszeitung Avgi:
„Obwohl die Zahl der ankommenden Flüchtlinge deutlich niedriger ist als in den Jahren zuvor, spaltet das Thema Europa und bewirkt erhebliche Veränderungen auf der politischen Landkarte. ... Die Flüchtlingsthematik wirkt als Katalysator für die Bildung einer neuen Trennlinie in Europa: Die Populisten werden weiter auf Isolationismus und ein Europa mehrerer Geschwindigkeiten drängen und sich zunehmend dem politischen Modell Trumps zuwenden. Ihnen gegenüber müssen die fortschrittlichen Kräfte stehen, die ein menschliches, demokratisches und soziales Europa wollen. Und die Linke muss dabei eine führende Rolle spielen.“
Tatenlose Elite ist schuld
Dass sich immer mehr Menschen für populistische Ideen begeistern, hat insbesondere die politische und intellektuelle Elite zu verantworten, glaubt Unternehmer und Politiker Pierre Kunz in Le Temps:
„Entgegen der Annahme vieler ist die Ära der starken Männer weit mehr als ein Zwischenfall. Es handelt sich um eine tiefgehende Welle, die den beschwichtigenden Worten und der Tatenlosigkeit entstammt, die die Regierenden ebenso wie die Vordenker der westlichen Demokratien in den vergangenen Jahrzehnten kennzeichnete. Um den Lauf der Geschichte zu ändern, der liberalen Demokratie neue Kraft zu verleihen und dem europäischen Projekt eine Zukunft zu ermöglichen, müssen sie mehr tun, als nur wie Emmanuel Macron die 'Lepra, die sich in Europa breitmacht' und den 'wiederaufblühenden Nationalismus' anzuprangern.“
Auch Portugiesen empfänglich für Populismus
Portugiesen sehen ihr Land gern als die letzte vom Populismus verschonte Bastion in Europa an, meint Observador, glaubt aber, dass das nur dem geographischen Glück geschuldet ist:
„Machen wir uns nichts vor: Wir sind nicht freundlicher oder liebenswürdiger. Wir sind einfach nur weiter von dem Problem entfernt. ... Stellen wir uns einmal vor, dass eine Flotte von NGO-Schiffen Migranten an der marokkanischen Küste (anstatt vor der lybischen Küste) 'einsammeln' würde, um diese dann in den Häfen der portugiesischen Südküste an Land gehen zu lassen. ... Oder, dass Spanien genau das Gleiche mit uns machen würde, was Frankreich mit Italien getan hat: Schengen aufheben, die eigenen Grenzen schließen und die Einwanderer, die trotzdem passieren können, wieder nach Portugal abschieben. ... Lasst uns ehrlich sein: Glaubt ihr wirklich, dass wir weiterhin die Ausnahme der Populismus-Welle in Europa bleiben würden?“