May setzt Plan für weichen Brexit durch
Das britische Kabinett hat sich auf einen Plan für die Brexit-Verhandlungen geeinigt. Premierministerin May konnte sich mit ihrem Ziel einer Freihandelszone mit der EU durchsetzen. Brexit-Minister Davis, Verfechter eines harten Austritts, trat daraufhin zurück. Auch einige Journalisten sind empört über die weiche Brexit-Linie der Regierung. Andere glauben, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Kein echter Bruch mit Brüssel
Mit diesem Brexit-Plan werden die Wähler für dumm verkauft, schimpft The Daily Telegraph:
„Im Prinzip befinden wir uns immer noch mehr oder weniger auf EU-Austrittskurs. Doch es wird keine Revolution geben, keine grundlegend neue Übereinkunft zwischen Eliten und Wählern und keinen Neustart. Millionen von Menschen wurden betrogen und von einer politischen Klasse im Stich gelassen, die versprochen hatte, den wahren Geist des Brexit-Votums umzusetzen. Es ist nun klar, dass wir auf bestem Wege sind, ein assoziiertes Mitglied der EU zu werden - mit einem loseren, neu verhandelten Abkommen anstatt mit einem echten Bruch. ... Das ist der kleinste aller möglichen Brexits.“
Davis ist Galionsfigur für unzufriedene Tories
Der Rücktritt von Brexit-Minister Davis könnte Premierministerin May neuen Ärger mit den EU-Gegnern in ihrer Partei bereiten, glaubt Laura Kuenssberg, politische Chefberichterstatterin von BBC News:
„May hatte bei der Zusammensetzung ihres Kabinetts darauf geachtet, ein Gleichgewicht aus EU-Gegnern und -Befürwortern zu schaffen. Sie verfügt über keine parlamentarische Mehrheit, und unter ihren Hinterbänklern im Oberhaus herrscht große Unzufriedenheit. Da schafft der Rücktritt von David Davis nun zusätzliche Instabilität. ... Davis könnte all jene politischen Kräfte unter den Tories um sich scharen, die nicht in der Regierung vertreten sind und glauben, dass der Brexit-Plan der Premierministerin nicht dem entspricht, wofür eine klare, aber knappe Mehrheit der Briten gestimmt hatte.“
EU muss an anderen Fronten kämpfen
Die EU wird auf den Brexit-Plan des britischen Kabinetts eingehen, vermutet der Tages-Anzeiger:
„Brüssel wird sich bewegen, weit über das verabredete Mass hinaus. Die EU hat derzeit grössere Kämpfe an anderen Fronten auszufechten als den Brexit, und May würde die Schuld für die Schwächung einer wichtigen europäischen Volkswirtschaft von nun an Brüssel zuschieben. Ein rigoroses Nein der EU würde zudem die Hardliner in Grossbritannien ermutigen, ein Verhandlungsabbruch die Populisten stärken. Brüssel wirft London Rosinenpickerei vor. Die ist derzeit sehr en vogue in Europa. Die Briten werden davon profitieren.“