Katholische Kirche ist jetzt gegen Todesstrafe
Papst Franziskus hat die offizielle Haltung der katholischen Kirche zur Todesstrafe verschärft. Die Kirche setze sich nun "mit Entschiedenheit" für ihre Abschaffung in der ganzen Welt ein. Bisher hatte der Katechismus die Todesstrafe als letztes Mittel nicht prinzipiell ausgeschlossen. Bei den meisten Kommentatoren löst dieser Schritt Freude aus.
Warum die Kirche so lange brauchte
Die Kirche musste einen weiten Weg gehen, um so eine wichtige Entscheidung zu fällen, analysiert Corriere del Ticino:
„Für eine Institution, die in vergangenen Jahrhunderten noch die Scheiterhaufen für Ketzer und sogenannte Hexen gesegnet hat, ist es nicht einfach, plötzlich zu erklären, dass Todesurteile die Würde der Verurteilten verletzen und dem Evangelium widersprechen. ... Die Verlegenheit, die die katholische Kirche ereilt, wenn sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt, ist nur verständlich. Nur die mutigen Schuldeingeständnisse der letzten Jahrzehnte ermöglichen ihr heute, das Undenkbare zu wagen: die nachträgliche Verurteilung der eigenen Fehler. Dazu bedurfte es des Mutes eines Papstes wie Wojtyla. ... Ohne seine schmerzhafte Verantwortungsübernahme [für die Verfolgung und Vernichtung von Juden] hätte jegliche Änderung des Katechismus heuchlerisch geklungen.“
Wider den Nihilismus
Das Bekenntnis gegen die Todesstrafe ist gerade jetzt von äußerster Dringlichkeit, findet Avvenire:
„Angesichts des 'Totenkults', der durch den Terrorismus, durch Gewalt oder durch den Krieg verbreitet wird, bedeutet die Todesstrafe zu bekämpfen, den Sinn des Lebens zu bekräftigen und gegen die Logik des Todes anzugehen. ... Der Nihilismus, der denjenigen zu Eigen ist, die kämpfen, um anderen Menschen das Leben zu nehmen, wird durch die Todesstrafe nämlich nicht besiegt, sondern unterstützt. Gegen die Todesstrafe zu sein bedeutet, die Gründe für das Leben zu bestätigen: Das Leben ist stärker als alles andere und die Geschichte ist nicht für immer festgeschrieben.“
Nichts ist in Stein gemeißelt
Moralische Werte unterliegen einem Wandel, erklärt die Wiener Zeitung und macht auch auf die Schattenseite dessen aufmerksam:
„Nichts ist in Stein gemeißelt, nicht einmal die Eckpfeiler von Moralgebäuden, die für die Ewigkeit errichtet wurden. ... Die Überzeugungen der Menschen ändern sich, einst selbstverständliche Zustände und Methoden, etwa Sklaverei und Folter, waren vor noch gar nicht allzu langer Zeit selbstverständlich zulässig, ja geradezu normal. Heute tun sich dagegen viele bereits schwer, sich in die alten Zeiten auch nur hineinzudenken. Die Einsicht, dass moralische Werte einem Wandel unterliegen, bedeutet jedoch nicht, dass Veränderung nur in eine Richtung möglich ist. Wie gesagt: Nichts ist in Stein gemeißelt, auch nicht unser Bild von der unantastbaren Würde des Menschen.“