Maaßen muss Amt aufgeben und bekommt ein neues
Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen muss seinen Posten räumen. Er war wegen seiner Aussagen zu den Vorfällen in Chemnitz in die Kritik geraten. Maaßen soll nun Staatssekretär im Innenministerium werden. Für Kommentatoren ist das eine Kompromisslösung, doch kann sie den Regierungsstreit beenden und die Opposition besänftigen?
Kluger Kompromiss
Für die Berlin-Korresponentin von La Repubblica, Tonia Mastrobuoni, stellt die Versetzung Maaßens eine gute Lösung dar:
„Ein Kompromiss, der die Regierung Merkel vor der zweiten Regierungskrise in wenigen Monaten bewahrt. ... Maaßen war der mächtige Chef des Inlandsgeheimdienstes, jetzt ist er nur mehr Unterstaatssekretär in einem Ministerium, ein riesiger Unterschied. Zudem wäre die komplette Entlassung eines Beamten seines Ranges schwierig gewesen, wie gestern das Innenministerium erklärte. Und Merkel hätte, könnte man hinzufügen, Maaßens Ruf als Märtyrer genährt. Eine Rolle, für die die AfD ihn auserkoren hat seit dem Ausbruch des Skandals über seine Interpretation der Tatsachen von Chemnitz.“
Ende der Querelen nicht in Sicht
Die Süddeutsche Zeitung sieht keinen Grund zum Aufatmen für die Große Koalition:
„[Innenminister] Horst Seehofer, der versprochen hatte, in Treue fest zu seinem Behördenleiter zu halten, mag nachgegeben haben. Das aber dürfte vor allem seinen wahlkämpfenden Parteifreunden geschuldet sein. Noch mehr Krach in Berlin, gar ein Regierungsbruch, das wäre in Bayern nicht mehr zu vermitteln. Ein Ende der Querelen mit der Bundeskanzlerin ist deshalb nicht in Sicht. Seehofer kämpft, auch mit dem eigenen Haus, das sich nur widerwillig gegen Merkel in Stellung bringen lässt. Viele Beamte fühlen sich hier noch der zurückhaltenden Schule von Seehofers Vorgänger Thomas de Maizière verpflichtet. Mit einem Staatssekretär Hans-Georg Maaßen könnte sich das ändern. Die Kraftprobe hat erst begonnen.“
Wie man der AfD neue Wähler zutreibt
Die Tageszeitung Die Presse empfindet diesen Ausweg aus der Causa Maaßen als zutiefst zynisch:
„Die SPD auf der Suche nach neuem Profil brauchte dringend einen symbolischen Erfolg für die notorisch unzufriedene Basis. Dem angeschlagenen CSU-Chef Horst Seehofer musste eine Demütigung vor den Landtagswahlen in Bayern erspart werden - und Merkel musste ihre Regierung zusammenhalten. Ein Wegloben Maaßens in einen neuen, höher dotierten Job ... sollte nun fast alle zufriedenstellen. Es ist über alle Maßen zynisch. So treibt man der AfD neue Wähler zu.“
Berlin entledigt sich eines Querkopfes
Maaßens Ablösung ist das Ergebnis einer Kampagne, kritisiert die Neue Zürcher Zeitung:
„Der Mann hat in einer aufgepeitschten Situation ein unglückliches Statement abgegeben. Mehr nicht. All diejenigen, die meinen, sie hätten mit ihrem Rücktrittsgebrüll etwas für die Sicherheit des Landes getan, irren. Maaßen hatte sich seit seinem Amtsantritt in Sicherheitskreisen einen exzellenten Ruf erarbeitet. ... Hans-Georg Maaßen war einer der Ersten, die den politischen Betrieb der Bundesrepublik vor den Folgen der unkontrollierten Masseneinwanderung gewarnt haben. Das bleibt sein Verdienst, auch wenn lange niemand auf ihn hören wollte, die Kanzlerin vorneweg.“
Große Koalition in schlechter Verfassung
Die Causa Maaßen legt die Schwächen in Merkels Koalition offen, erklärt Der Standard:
„Man fragt sich, wie diese Union eigentlich je noch irgendetwas Konstruktives zustande bringen will, das sie dann gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPD umsetzen könnte. Denn anders als beim Streit um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze stehen die deutschen Sozialdemokraten diesmal nicht bloß daneben, sondern mischen kräftig mit. Maaßen muss weg, lautet ihre ultimative Forderung. Wenngleich man ihr inhaltlich zustimmen kann, so merkt man der SPD doch deutlich die Lust am Kanzlerinnenquälen an. Denn Merkel befindet sich natürlich in einer wenig kommoden Lage: Jeder Schlag gegen Maaßen ist ein Schlag gegen Seehofer. Das weiß die SPD.“
Merkel in der Klemme
Die deutsche Kanzlerin kriegt zuhause ihre Probleme nicht in den Griff, beobachtet das rechtsnationale Portal PestiSrácok:
„Die SPD will den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans Georg Maaßen, entfernen, nachdem er öffentlich infrage gestellt hatte, ob es nach den Demonstrationen in Chemnitz wirklich zu massenhaften Jagdszenen auf Ausländer gekommen sei, die der antifaschistischen Stimmung Zündstoff geliefert hatten. Der von der bayrischen CSU delegierte Innenminister stellt sich derweil hinter Maaßen. ... Und so muss Europas Oberchefin erst einmal ihre Verbündeten in der Heimat befrieden.“