Ärger über Doppelpass-Pläne für Südtiroler
Italiens Außenminister Enzo Moavero Milanesi hat ein bilaterales Treffen mit seiner österreichischen Amtskollegin abgesagt. Grund ist der Ärger über das Vorhaben Wiens, deutschsprachigen Südtirolern österreichische Pässe anzubieten. Die Pläne sind in Wien seit dem Amtsantritt der Regierung Ende 2017 immer wieder Thema. Italienische und österreichische Kommentatoren kritisieren diese scharf.
Wien weckt alte Nationalismen
Österreichs Regierung gießt Öl ins Feuer, kritisiert Vladimiro Zagrebelsky, Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von 2001 bis 2010, in La Stampa:
„Es ist leicht vorherzusagen, dass von österreichischer Seite an den Charakter des Tiroler Volkes auf beiden Seiten der Grenze und das Recht des Volkes auf Selbstbestimmung appelliert wird. So schafft man vorsätzlich eine Konfliktsituation. ... Es handelt sich nicht um eine Übertreibung, wenn kosmopolitische, im positiven Sinne vaterlandlose Europäer uns angesichts des wiedererwachenden Nationalismus in Europa daran erinnern, dass er unweigerlich zum Konflikt führt. Und dass der Prozess der europäischen Einigung das historische Verdienst gehabt hat, nach Jahrhunderten des Kriegs Europa 70 Jahre Frieden gesichert zu haben.“
Purer Populismus
Österreichs Regierung geht auf Wählerfang, erklärt Der Standard:
„Wie es eben so ist bei Populisten: Man hat eine Idee, von der man annimmt, dass sie gut ankommt, und präsentiert für das Problem einfachste Lösungen. So wie Donald Trump die Mexikaner und Drogen in den USA loswerden will, indem er einfach eine Mauer baut, und so wie Matteo Salvini die EU zwingen will, Flüchtlinge aufzunehmen, indem er deren Rettungsschiffe in Italien schlicht und einfach nicht anlanden lässt, so glauben FPÖ und ÖVP offenbar, ihr Elektorat mit einfachen Mitteln ganz automatisch um einige zehntausend dankbare Wählerinnen und Wähler erweitern zu können, indem man ihnen ihre 'alte' Heimat wiedergibt.“