EGMR: Russland muss Nawalny entschädigen
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Russland wegen der wiederholten Festnahmen des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny verurteilt, weil sie politisch motiviert gewesen seien. Moskau muss Nawalny nun rund 63.000 Euro Entschädigung zahlen. Welche Bedeutung hat das Urteil für das russische Regime und seine Gegner?
Hoffnung für politisch Verfolgte
Das Urteil ist für die Neue Zürcher Zeitung ein wichtiges Signal:
„Natürlich wird das Urteil an Nawalnys prekärer Lage wenig ändern. Die europäische Justiz kann ihn nicht schützen. Das Urteil ist dennoch ein kleiner Lichtschimmer für die politisch Verfolgten in Russland. Es hält die Hoffnung aufrecht, dass ihr Schicksal und besonders jenes der fast zweihundert politischen Gefangenen vom Ausland nicht mit einem blossen Schulterzucken quittiert werden. Wirksamer wäre es allerdings, wenn nicht nur die Strassburger Richter das Offensichtliche aussprächen, sondern auch die Regierenden europäischer Länder, die das Bekenntnis zur universalen Gültigkeit freiheitlicher Werte allzu oft für Sonntagsreden aufsparen und sonst die Repression in Russland als innere Angelegenheit des grossen Nachbarn im Osten behandeln.“
Moskau sind die Urteile egal
Es ist fraglich, wie lange sich Moskau noch den Regeln des Europarats und den Urteilen des EGMR unterwerfen wird, kommentiert die Süddeutsche Zeitung:
„Seit Jahren führt das Land die Liste der von Straßburg gerügten Staaten an. Acht Millionen Euro sind jedes Jahr im russischen Haushalt für Strafzahlungen vorgesehen. Unter russischen Staatsbürgern genießt das Gericht das höchste Ansehen. Derweil droht die Regierung immer lauter, den Europarat zu verlassen. Seit seiner Gründung war er Garant einer neuen Friedensordnung auf dem Kontinent. Nun sieht er sich durch die russische Führung vor die Wahl gestellt, auf welche Weise er an Bedeutung verlieren will: indem er seine Prinzipien abschreibt und gewaltsame Grenzverschiebungen toleriert - oder indem er handelt und riskiert, dass eine Schlüsselmacht die Zusammenarbeit aufkündigt.“